«Kurz! Ganz kurz!»
Interview mit Uli Stein
Von Frank Plein
Wir schreiben die tiefsten Achtziger, um meinen Kopf rankt sich eine ungeheuerliche Menge oranger Haare wie eine Schimmelwolke um verrottetes Obst. Ich bin über beide Ohren in Birgit Weber verliebt. Ich lese Comics und Cartoons. Und während Namen wie Ralf König, Walter Moers und
Franziska Becker gerade erst aufkommen, scheint einer schon immer dagewesen zu sein: Uli Stein. Seine Cartoons kursieren bereits in Fernsehzeitschriften und als schlechte Fotokopien in fast allen Abizeitungen meiner Generation. Wenn mein Vater liest oder fernsieht, dann nie aus Spaß, sondern um sich zu bilden und neue Dinge zu lernen. Aber Cartoons wie die von Uli Stein erreichen auch ihn.
Dann kommen die Neunziger, und inspiriert von den subversiven, tabubrechenden Comics von Walter Moers bekommt der populäre Humor einen neuen Ton ironisch, sarkastisch, konfrontativ, gallig. Cartoonisten ebenso wie Fernsehserien oder Comedians wie Niels Ruf, Ingo Appelt und, tja, Stefan Raab tragen diesen Ton bis in den letzten Winkel der deutschen Kultur. Wenn es nicht ätzt, ist es nicht witzig, und vor allem eines ist es nicht: cool.
Jahrzehnt um Jahrzehnt vergeht, Birgit Weber lebt inzwischen in Bayern und hat fünf (fünf!!!) erwachsene Kinder, der Humor hat alle Tabus abgeklappert, jede Grenze überschritten, und als alle Tabus durch waren, wußte er auch nicht so recht weiter.
Und Uli Stein ist immer noch da, gleichbleibend beliebt und präsent. Er findet wie Loriot immer wieder Wege, jenseits der Subversivität lustig zu sein, und das auf beständigem Niveau. Wie so oft sind die vermeintlich unspektakulärsten Geschichten die einzigartigsten.
COMIC!: Ihr Tag scheint sehr ritualisiert zu sein feste Arbeitsabläufe, feste Zeiten. Also komplett anders als dieser übliche «Ich falle mal irgendwie durch den Tag»-Modus, den man von Künstlern erwartet. Wie wichtig ist Ordnung und Routine in Ihrem Leben?
Uli Stein: Ich denke, jeder handhabt seinen Kreativ-prozeß unterschiedlich. Eine gewisse Routine stellt sich natürlich irgendwann ein, wenn man seine Arbeit professionell angeht. Ordnung war für mich vom ersten Tag meiner Arbeit an ein absolutes Muß. Ich habe vor 30 Jahren begonnen, alle meine Arbeiten im Computer zu ordnen und zu organisieren, was heute eine unbezahlbare Hilfe ist.
Meine Agentur Catprint Media betreibt den «Uli Stein-Wunschladen», wo man sich jeden Cartoon auf allen möglichen Produkten bestellen kann und wenn dann von einem Fan eine Anfrage kommt: «Da gab es doch mal irgendwann in den Neunzigern einen Cartoon mit einem Pinguin am Strand davon hätte ich so gerne einen Kaffeebecher ...», dann brauchen wir 60 Sekunden, die Datei zu finden, und können jeden Wunsch erfüllen.