Lektüre
 Independent Comic Shop   ICOM-Publikationen   Kostenlos   Fachmagazine   Sekundärliteratur 
Das COMIC!-Jahrbuch | Das ICOM!-Handbuch | Der ICOM!-Ratgeber
FILMRISS | Das verbandseigene Fachmagazin
COMIC!-JAHRBUCH 2017

Der Mann fürs Komische
Siegener Fabelwesen und Weltraum-Mythen
Interview mit Matthias Kringe

Von Burkhard Ihme


COMIC!: Du bist als Comiczeichner vor allem durch deine Arbeit für MAD bekannt. Wie kam es zu der Zusammenarbeit, und gab es von Anfang an einen Schwerpunkt auf SF-Parodien?

Matthias Kringe: Das deutsche MAD hatte in den Siebzigern nach Fix und Foxi, Micky Maus und «Asterix» meine Jugend geprägt. Es war meine erste Begegnung mit Parodie und Satire, die sich neben der Phantastik zu meinen persönlichen Favoriten entwickeln sollten.
Später, im Studium, lernte ich dann auch das Ur-MAD von Bill Gaines aus den Fünfzigern und die legendären EC-Comics kennen.
Als der Dino Verlag 1998 das 1995 von Klaus Recht eingestellte Magazin wiederbelebte, nahm ich sofort Kontakt zur Redaktion auf und bewarb mich dort mit einigen «Akte-X»- und «Xena»-Strips, die ich zuvor für TV-Highlights gemacht hatte. Ab Ausgabe 4 war ich dann regelmäßig dabei. In MAD wurden damals aktuelle Themen wie «Akte X», «Star Trek» und «Tomb Raider» verwurstet, kurze Zeit später lief ja bereits ««Star Wars: Episode 1 – Die dunkle Bedrohung» in den Kinos an. Auch das nahm ich mit meiner Struwwelpeter-Parodie «Struwwel-Vader» aufs Korn. Die Affinität zu SF-Themen kam eher durch meine Arbeit für TV Highlights, für die ich parallel arbeitete.
 
COMIC!: Und wie kamst du zu TV HIGHLIGHTS (seit 2008 übrigens TV SERIEN HIGHLIGHTS)? Du warst da offenbar ziemlich von Anfang (1997) an dabei?

Matthias Kringe: Als Fan von phantastischen Filmen und Fernsehserien hatte ich mir vorher schon regelmäßig das Vorläufermagazin TeleVision gekauft und auch das Filmmagazin Moviestar. Nachdem ich mich über zehn Jahre lang im regionalen Bereich warmgelaufen hatte (Karikaturen für die Lokalzeitung und die Herausgabe meines Dilldappen-Kalenders), wollte ich den Sprung ins Überregionale machen und schickte im Sommer 1997 ein, zwei erste Probestrips an die TV-Redaktion. In der nächsten Ausgabe startete dann meine Serie «TV Highpointe», die über 10 Jahre lang im Magazin laufen sollte.

COMIC!: Und aus unserer Liste der «Fragen, die wir jedem stellen, egal ob es jemanden interessiert»: Wie sah deine erste Begegnung mit Comics aus, und welche Ausbildung hast du gemacht?
 
Matthias Kringe: Wie ich eben schon sagte, bin ich mit Fix und Foxi, Micky Maus und «Asterix» aufgewachsen. Auch die ersten Superman-Hefte von Ehapa hab ich noch in meiner Grundschulzeit Ende der Sechziger miterlebt. Ich durfte mir während der Schulzeit keine Comics kaufen, aber meine Tante brachte uns Kindern immer bei ihren Besuchen Comics mit. Auch im Sommerurlaub durfte ich mir «Heftchen» kaufen, z. B. das Sommersonderheft von Fix und Foxi oder die Kauka-Alben der Schlümpfe.
Die wurden natürlich gehütet wie Schätze (einige habe ich heute immer noch!), immer und immer wieder gelesen und ... abgemalt. Auf die Tour bin ich zum Comiczeichnen gekommen. Rein autodidaktisch durch Kopieren. Durch den Einfluß von MAD habe ich dann in den Siebzigern mit dem Karikaturenzeichnen begonnen, und Anfang der 80er Jahre, während meines Studiums, verdiente ich schon meine erstes Geld mit politischen Karikaturen für die lokale Westfalenpost in Siegen.
 
COMIC!: Und was hast du nun studiert?

Matthias Kringe: Ich habe zuerst Germanistik, Theologie und Kunst studiert, dann meinen Magisterabschluß in Allgemeiner Literaturwissenschaft, Geschichte und Kunstgeschichte gemacht. Meine Prüfungsthemen in Literaturwissenschaft waren übrigens Science-Fiction und Comics!

COMIC!: Selbst wenn du MAD (verkaufte Auflage etwas über 10.000) fast alleine füllen würdest, könntest du vermutlich kaum davon leben. Arbeitest du nebenher als Pfarrer oder ist es die übliche Mischung aus Graphik Design, Buch- und Werbeillustration und Comics, die dir das Überleben sichert?

Matthias Kringe: Ein wichtiges finanzielles Standbein ist seit 1983 bis heute mein eigener Verlag, in dem ich meine Comic-Kalender mit den Dilldappen herausbringe. Im überregionalen Bereich hat es unterschiedliche Phasen gegeben. So war 1997 bis 2008 eine sehr starke Magazinepoche, in der ich für TV Highlights, Moviestar und MAD gearbeitet habe. Hauptverdienstquellen waren allerdings die Kindermagazine von Panini: Tiere und Pferde – Freunde fürs Leben, für die ich die eigenen Comicreihen «Sparky» und «Pepper das Pony» entwickelt hatte. Und dann natürlich ganz oben Pettersson und Findus! Das Magazin habe ich über 12 Jahre lang künstlerisch gestaltet, zusammen mit vielen maßgeblichen Merchandising-Produkten im deutschsprachigen Raum. Nach der großen Umstrukturierung im Magazin-Bereich entstand für mich im neuen Panini-Cartoonbuchsektor ein neuer Schwerpunkt. Hier wurden meine Cartoon-Sammelbände «Spaß Wars», «Spaß Trek» und «Spaß in Serie» spontan zu Bestsellern.
2012 erhielt ich dann einen Lehrauftrag für Digitale Gestaltung und Kunstgeschichte von einem Berufskolleg des TÜV Rheinland, den ich bis heute wahrnehme. Der Lehrjob macht mir riesigen Spaß und versetzt mich finanziell in die Lage, im Comicbereich die Rosinen herauszupicken: Statt permanent für Monatsmagazine zu arbeiten, kann ich jetzt meine kreative Kraft in Einzelprojekte wie Cartoonbände, Trickfilme oder Buchillustrationen investieren.

COMIC!: Bist du «Star Wars»- oder «Star Trek»-Fan? Gibt es da nicht die Gretchenfrage wie bei Stones und Beatles? Oder wird man auch durch die parodistische Beschäftigung damit zum Fan (was bei politischen Karikaturisten meines Wissens selten vorkommt)?

Matthias Kringe: Ich mag beides, aber wenn ich mich entscheiden müßte, würde das Pendel eher zugunsten von «Star Trek» ausschlagen, schon allein aus nostalgischen Gründen. «Raumschiff Enterprise» war DAS Samstagserlebnis in den Siebzigern. Wir haben seit der ersten Folge die Abenteuer von Kirk und Spock auf dem Schulhof in der großen Pause nachgespielt.

COMIC!: Und dann bist du über «Das nächste Jahrhundert», «Star Trek: The animated Series», «Deep Space Nine», «Raumschiff Voyager», «Hidden Frontier», «Enterprise», «New Voyages», «Dark Armada», «Odyssey», «Federation One», «Osiris», «Intrepid», «Henglaar, M.D.», «Genesis», «Star Trek Continues», «Invincible», «Star Trek Origins», «Star Trek Begins», «Outlaws», «Renegades», «Absolution», «Anthology», «Constellation», «Progeny» bis «Discovery» und die ganzen Kinofilme der Serie treu geblieben? Oder kurz gefragt: Wieviel «Stark Trek» muß man gesehen haben, um sich darüber lustig zu machen?

Matthias Kringe: Ich habe die Fernsehserien schon chronologisch verfolgt, als sie zuerst gesendet wurden, und die Filme habe ich alle zum jeweiligen Filmstart im Kino gesehen. Die muß man schon kennen, um sie satirisch zu verarbeiten. Es ist halt – wie bei «Star Wars» – der klassische Kanon. Für den Rest hab ich mich auch nie wirklich interessiert.
 
COMIC!: Parodien spielen ja immer mit dem Wissen des Publikums bzw. der Leser. Bei welcher Serie kannst du mehr Kenntnisse deiner Leser voraussetzen, wo mußt du eher mal einen Gag als unverständlich verwerfen oder für eine Veröffentlichung speziell für Nerds
aufheben?

Matthias Kringe: Es gibt eigentlich zwei Arten von Gags: Die erste parodiert tatsächliche Szenen oder Zitate aus den Filmen. Diese Witze kann man natürlich nur verstehen, wenn man die Originalszene präsent hat. Die zweite Art von Gag speist sich aus der Eigenart der Charaktere oder auch der Schauplätze. Hier kann ich mir neue Szenen ausdenken, die universumkonform sind, aber keine konkreten Vorlagen haben. Für das Verständnis dieser Gags reicht in der Regel eine gröbere Kenntnis der Thematik aus. Das trifft übrigens auf «Star Trek», «Star Wars» und alle anderen Serien gleichermaßen zu.

Auf den Geschmack gekommen?
Weiterlesen im COMIC!-Jahrbuch 2017
Links zum Artikel

Website Matthias Kringe
Matthias Kringe auf Toonpool
Übersicht der Linklisten
  Alle Jahrbücher
Comic Jahrbuch 2017
Comic Jahrbuch 2016
Comic Jahrbuch 2015
Comic Jahrbuch 2014
Comic Jahrbuch 2013
Comic Jahrbuch 2012
Comic Jahrbuch 2011
Comic Jahrbuch 2010
Comic Jahrbuch 2009
Comic Jahrbuch 2008
Comic Jahrbuch 2007
Comic Jahrbuch 2006
Comic Jahrbuch 2005
Comic Jahrbuch 2004
Comic Jahrbuch 2003
Comic Jahrbuch 2001
Comic Jahrbuch 2000
COMIC!-Jahrbuch 2017
Artikel, Interviews, Analysen, Porträts...
November 2016
Format: DIN A4
Umfang: 224 Seiten, davon 60 redaktionelle Farbseiten
Preis: EUR 15,25
ISBN 978–3–88834-947-8
BESTELLEN