COMIC!-JAHRBUCH 2017 |
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Pflegekur für Klassiker
Interview mit Bocola-Chef Achim Dressler
Von Burkhard Ihme und und Christian Muschweck
Vor zehn Jahren wurde der Comicverlag Bocola gegründet. Anlaß für das Interview mit Achim Dressler (vertretungsberechtigter Geschäftsführer und vor allem der Kopf hinter der GmbH) sind aber nicht allein das Jubiläum oder die großartigen Zeichner vorwiegend amerikanische Künstler der 30er bis 50er Jahre , die in dem Bonner Unternehmen veröffentlicht werden, sondern die Sorgfalt, mit der die Comicseiten aufbereitet werden, um in ihrer bestmöglichen Form gedruckt zu werden. Diese Herangehensweise macht den Verlag uns Comiczeichnern sehr sympathisch, denn unser Wunsch nach einer Reproduktion, die den Originalen oder unserer Vorstellung der gedruckten Seite so nahe wie möglich kommt, stößt oft schnell an finanzielle Grenzen oder auf schlichte Lieblosigkeit.
COMIC!: Bocola heißt ursprünglich "Bonner Comicladen". Wie war der Weg vom Laden zum Verlag?
Achim Dressler: Nachdem ich viele Jahre den Comic-laden in Bonn geleitet hatte und somit den deutschen Comicmarkt in nahezu allen seinen Ausprägungen kannte, entstand die Idee zur Verlagsgründung im Grunde nur über eine besonders interessante Comicserie: "Prinz Eisenherz". Carlsen hatte damals zu meiner großen Verwunderung beschlossen, diese Serie nicht mehr nachzudrucken oder in anderer Form neu auf den Markt zu bringen. Das war die Chance in diesen Sektor einzusteigen.
COMIC!: Mit Heinzelmännchen, Kombinat Comic und aktuell Bunte Dimensionen gab und gibt es weitere Beispiele von comicverlegenden Fachbuchhandlungen. Hat die Verknüpfung Vorteile oder ist sie nur Ausdruck persönlicher Vorlieben?
Achim Dressler: Für Bocola war das sehr vorteilhaft. Immerhin kann sich der Comichändler ja täglich an der Kasse ein recht genaues Bild davon machen, was die Leute kaufen und lesen möchten.
COMIC!: Comichändler ist kein Lehrberuf. Verleger allerdings auch nicht. Hast du eine Ausbildung, die für diese Tätigkeiten hilfreich war?
Achim Dressler: Nein, gar nicht. Ich bin hier absoluter Quereinsteiger und Autodidakt.
COMIC!: "Prinz Eisenherz" erschien im deutschsprachigen Raum seit 1939 (als "Prinz Waldemar" in der Wiener Zeitschrift Der Papagei) in den verschiedensten Zeitschriften und Verlagen, vielfach umbenannt, zensiert oder einfach nur schlecht reproduziert. In welcher Publikation hast du den großartigen Comic von Harold Foster kennengelernt, und wie sieht deine Liste der besten (nach Bocola natürlich) und schlimmsten Fassungen aus? Und wann wurde aus dem Veröffentlichen der bei Carlsen vergriffenen Seiten das Projekt, die Serie bestmöglichst zu präsentieren und nicht einfach das vom Lizenzgeber gelieferte Material zu drucken?
Achim Dressler: Also, besonders schlecht sind z. B. die ummontierten und neukolorierten Condor-Taschenbücher und die letzte von Melzer veröffentlichte Schwarzweiß-Ausgabe (bis ca. 2005), in der zumeist schlechte, "zugesuppte" Vorlagen in völlig unpassenden knallbunten Einbänden präsentiert wurden. Sehr schön sind die frühen Schwarzweiß-Ausgaben des badischen Verlages und von Melzer. Als absolutes Highlight muß man natürlich die großformatigen Bücher des alten Splitter-Verlages bezeichnen. Vom Lizenzgeber ist leider gar kein brauchbares Material aus der Foster-Zeit zu bekommen. Das nachkolorierte Carlsen-Material hat auch seine eindeutigen Schwächen. So entstand die Idee, erstmals die Original-Version (aus US-Zeitungen) In restaurierter Form zu präsentieren. Ja, so kann man das auch nennen.
COMIC!: Wo bekamst du die Vorlagen her? US-Zeitungen der 30er Jahre hat ja nicht jeder, und schon gar nicht immer die mit den besten Reproduktionen? Konnte King Features Syndicate da helfen? Und gab es schon Vorarbeiten von Sammlern, die notierten, welche der zeitweise über 300 Zeitungen die besten Vorlagen liefern, oder mußtest du bei Null mit den Recherchen anfangen?
Achim Dressler: Es gelang mir schon früh, brauchbare Leihgaben von Sammlern aus mehreren Ländern zu erhalten. Die Herkunft einer Seite aus einer bestimmten Zeitung ist nicht sonderlich wichtig. Der Name der Zeitung steht auch meistens nicht auf dem Bogen und die Druckqualität schwankt bei ein und derselben Zeitung oft ganz erheblich.
COMIC!: Das heißt, man muß bis zu 325 Zeitungen pro Seite sichten, um die besten Vorlagen zu finden? Oder konntest du dich auf einige gut gedruckte und archivierte Zeitungen beschränken?
Achim Dressler: Nein, letztendlich war es reine Glückssache, ob man eine bessere oder schlechtere Seite ausfindig gemacht hat. Manchmal war die erste Seite, die man zu sehen bekam, in guter Qualität, manchmal war es aber erst die vierte oder fünfte (wenn man überhaupt an so viele Versionen herankam), und manchmal war auch bei mehreren Seiten nichts wirklich Brauchbares dabei.
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Artikel, Interviews, Analysen, Porträts...
November 2016
Format: DIN A4
Umfang: 224 Seiten, davon 60 redaktionelle Farbseiten
Preis: EUR 15,25
ISBN 978388834-947-8
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