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COMIC!-JAHRBUCH 2014

Herausragendes Szenario:
"Roxanne & George" von Carolin Walch


Interview von Christian Endres


Zunächst machte sich Carolin Walch mit Manga-Beiträgen in Magazinen und Anthologien einen Namen. Außerdem nahm die 1982 in Pforzheim geborene Comic-Künstlerin, Illustratorin, Fotographin und studierte Designerin mit ihrem Artwork und ihren Fotos an diversen Ausstellungen zwischen Erlangen und London teil. Im März 2012 erschien beim Berliner Reprodukt-Verlag schließlich ihr Comic-Roman "Roxanne & George". Darin geht es um nicht gerade in Würde gealterte Rockstars, ihre von Exzessen, Partys und Publicity geprägten und beherrschten Kinder, und um die stets wachsamen Kameras einer Reality-Show auf MTV, die all das auf Schritt und Tritt verfolgen.
Aber trotz der Momentaufnahmen voller Abstürze und Streitereien geht es in "Roxanne & George" primär darum, daß am Ende jede Kluft zwischen langjährigen Freunden überbrückt werden kann und es immer noch eine Chance gibt, egal ob auf eine Fortsetzung oder einen Neuanfang. Wer eine solch positive Message in seine auf charmante Art satirische Bestandsaufnahme und Kritik eines voyeuristischen Medienphänomens unserer Zeit einbaut, hat die Auszeichnung der ICOM-Jury für das beste Szenario fraglos verdient.


COMIC!: Hallo Carolin. Fotos, Illustrationen, Comics – wann war klar, daß du eine Karriere in Bildern einschlagen würdest?

Carolin Walch: In der Schule hat mich kein Fach wirklich interessiert und ich konnte mich gerade so durchs Abitur lavieren. Danach habe ich Design an der Hochschule München angefangen. Das Studium hatte natürlich einen prägenden Einfluß auf meine "Karriere" als Künstlerin, aber in einem konventionellen Job konnte ich mich sowieso nie sehen. Comics habe ich schon als Kind gezeichnet, das ist einfach so nebenher passiert, es gab im Gegensatz zu vielen anderen Leuten bei mir einfach keinen Punkt, an dem ich damit aufgehört habe.

COMIC!: Du hast dir zunächst als Manga-Zeichnerin einen Namen gemacht. Wie bist du erstmals mit Manga in Berührung gekommen?

Carolin Walch: Als in Deutschland die ersten "Dragon Ball"-Bände herauskamen, wurde ich sofort zum Manga-Fan. Ich habe mir damals fast jede Serie blind gekauft, es gab ja keine große Auswahl. Wir hatten ja nichts! Gespiegelte Bücher, die beim ersten Lesen auseinanderfielen. Aber ich fand alles geil.

COMIC!: Hast du auch andere Comics gelesen, oder gab es bei dir eine "Manga-Diät"?

Carolin Walch: Andere Comics kannte ich schlicht und einfach gar nicht. Als Kind habe ich nur das Lustige Taschenbuch gelesen, die spießigen Micky-Maus-Detektiv-Storys immer als letztes. Danach kam erst mal lange nichts (außer Manga), und durch eine E-Mail von Mawil bin ich 2006 zum ersten Mal auf die Comics deutscher Zeichner gestoßen.

COMIC!: Was hatten Manga, was andere Comics nicht hatten? Was begeisterte dich so?

Carolin Walch: Ich glaube, es war der ausgeklügelte Lesefluß, der einen sofort in die Geschichte hineinzieht. Wenn ich an "Dragon Ball" denke, war es der Humor, die Zeichnungen, die Story, einfach eine rundum super Serie.

COMIC!: Was war ausschlaggebend dafür, daß du "Roxanne & George" in einem anderen Stil gezeichnet hast, und nicht ebenfalls als Manga?

Carolin Walch: Zunächst einmal muß ich sagen, daß mein früherer "Manga-Stil" sowieso nicht der 08/15-Kulleraugen-Look war, den hierzulande irgendwie alle im Kopf haben, die keine Manga lesen. Ich war mehr von den etwas schrägeren Zeichnern wie Oda Eiichiro beeinflußt, und die Entwicklung zu "Roxanne & George" ist für mich einfach ganz natürlich passiert.

COMIC!: Was denkst du – ist der große Boom des deutschen Manga schon wieder abgeflaut?

Carolin Walch: Ganz ehrlich? Keine Ahnung. Ich bin absolut nicht auf dem Laufenden und kann mir nicht anmaßen, ein Urteil über die deutsche Manga-Szene zu fällen.

COMIC!: Hattest du Sorge, daß du dich nach den ganzen Manga-Veröffentlichungen für Verlage wie Reprodukt "disqualifiziert" haben könntest?

Carolin Walch: Schlaflose Nächte! Um Gottes Willen, was wird jetzt Reprodukt von mir denken? Wie gesagt, Reprodukt kannte ich damals nicht und war super happy, daß "Magic Mütze" bei Schwarzer Turm veröffentlicht wurde.

COMIC!: War es spannend, einen neuen Stil auszuprobieren?

Carolin Walch: "Roxanne & George" habe ich während des Studiums als Bachelorarbeit angefangen, damals in Bleistift mit Graustufen, weil das mein Professor schön fand. Ich selber saß nur fluchend am Zeichentisch, weil alles nur verschmierte und nicht so sauber aussah, wie ich das wollte. Also schwenkte ich auf meine altbewährte Technik um, die ich immer für die Manga verwendet hatte, Tusche und Feder.

COMIC!: Man liest immer wieder von Comics, die im akademischen Umfeld entstehen. Ist das auch ein Zeichen für die gestiegene Akzeptanz?

Carolin Walch: Bestimmt. Mittlerweile sind auch Professoren am Drücker, die gerne Comics lesen und dieses Medium als vollwertig betrachten.

COMIC!: Werden Comics da von Leuten bewertet, die das Medium wirklich kennen, oder geht es da letztlich um eher rudimentär mediale Kriterien des Storytellings und Aufarbeitens von Inhalt?

Carolin Walch: Das kann ich nicht wirklich sagen, da ich die Herangehensweise der anderen Hochschulen nicht kenne. Mein Professor an der Hochschule München ist zum Beispiel leidenschaftlicher Comicleser, aber Sachen wie Storytelling und Inhalt hat er mir selbst überlassen und nicht groß reingeredet.

Auf den Geschmack gekommen?
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