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COMIC!-JAHRBUCH 2014

Die Iteration der Comics
Interview mit Bernd Natke


Von Burkhard Ihme


COMIC!: Wie bist du zum Zeichnen gekommen und welche Ausbildung hast du genossen?

Bernd Natke: Nachdem ich knapp bei der Aufnahmeprüfung für Industrie-Design in Braunschweig gescheitert bin, habe ich Mathematik studiert. Noch während des Studiums fing ich aber an, Comics zu zeichnen. Ich bekam Kontakt zu Hartmut Becker, der damals noch zusammen mit Paul Derouet eine Zeichner–Agentur betrieb, und bekam hier und da einen Auftrag. Die Alben bei alpha erschienen kurz vor meinem Abschluß als Diplom-Mathematiker. Viele sind darüber erstaunt, aber Kunst und Mathematik liegen nicht so weit auseinander wie viele glauben. Ich habe meine Diplomarbeit über Julia- und Fatou-Mengen geschrieben, die gehören zur Chaostheorie, ergibt schöne Bildchen.

COMIC!: Die Vorbilder für meine ersten Sprechblasencomics waren Morris und Franquin. Ich würde mich wundern, wenn André Franquin bei dir keine Rolle spielte.

Bernd Natke: Ja, klar! Ich hatte in meiner Jugend zwar schon einmal ein paar "JoJo"-Seiten ("Gaston") in FIX & FOXI gesehen, aber erst als ich dann mit Anfang 20 spätere Zeichnungen Franquins sah, war ich schwer beeindruckt. Diese scheinbare Leichtigkeit, wie er mit wenigen Strichen so viel erreichen kann und wie viele er teilweise dennoch macht, geradezu besessen ... sagen wir lieber detailverliebt. Ich hatte schon vorher viel gezeichnet, aber einige Zeit später entstanden meine ersten Comic-Seiten. Eine Serie über ein paar Mönche, die in ihrem Kloster allerlei Unsinn trieben ...

COMIC!: Wurde das Stottern in deinem Buch "Benni – U-und? Wwwo ist das P-problem?" und den Folgebänden vom Verlag vorgegeben, oder ist das eine Spätfolge von Kaukas Gaston-Lagaffe-Adaption als "Jo-jo"?

Bernd Natke: Bei Jo-Jo war das Stottern mehr als überflüssig, da sind wir uns wohl alle einig, überhaupt fällt mir kein Beispiel ein, wo ein Stottern eine Figur wirklich witziger hat werden lassen. Nein, "Benni" erschien im Demosthenes-Verlag, der Verlag der Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe e. V., als Auftragsarbeit. Damit ist die Frage wohl beantwortet. Wir wollten einfach ein paar Leser auf sympathische Weise an das Thema heranführen, ohne uns über das Stottern lustig zu machen. Hat mir immerhin eine Nominierung für den Max-und-Moritz Preis eingebracht.

COMIC!: Gehören Illustrationen wie die zu "Batt-Man und die Jäger des Batterie-Schatzes" und die zu "Benni" zu deinem täglichen Broterwerb? 

Bernd Natke: Ja, neben Comics für die Werbung sind auch hier und da kleine Bücher wie das oben genannte dabei. Es gibt da noch welche für Hustenbonbons, den Münchener Flughafen, Carglass, die Adler Mannheim ... was macht man nicht so alles für Geld. Die "Benni"-Hefte und das "Battman"-Heft sind aber glaube ich die einzigen Arbeiten für Stiftungen und Selbsthilfe-Gruppen.

COMIC!: "Der kleine Tod" erschien erstmals 1996 in der kurzlebigen Edition B&K. Das "K", nämlich Joachim Kaps, ging dann zu Carlsen, später zu Tokyopop, ein Nachdruck und zwei weitere Bände von "Der kleine Tod" erschienen 2001–2004 aber im Eigenverlag und nicht bei Carlsen. Bist du an einer großen Karriere vorbeigeschrammt?

Bernd Natke: Ich glaube, ich habe mit Joachim niemals über den "Kleinen Tod" bei Carlsen gesprochen. 2000 wollte ich zusammen mit dem Magazin FORMEL 1 (für das ich damals auch "Arni Cassecou" zeichnete) zur Expo in Hannover einen gezeichneten Stadtführer herausgeben. Die sprangen kurz vorher ab. So gründete ich Anfang 2000 mit zwei Partnern den UNSER Verlag, um das Projekt doch noch umzusetzen. Als die erste Auflage vom "Kleinen Tod" vergriffen war, fragte mich Baldur Buscher vom Medienservice, ob er eine neue Auflage drucken könne, da es die Edition B&K nicht mehr gab. Da lag es nah, den "Kleinen Tod" im eigenen Verlag zusammen mit Medienservice herauszugeben. So blieb es dann. Und übrigens: Der vierte Band kommt noch (für alle die sich bei mir beschwert haben, daß es so lange dauert). Ob meine Karriere größer wäre, wenn der "Kleine Tod" bei Carlsen erschienen wäre, sei mal dahingestellt, den größten Bekanntheitsgrad mir wohl sowieso die Comic-Zeichenschule "Comic-Zeichnen für Einsteiger" bei Augustus (später Knaur) gebracht, die sich besser verkauft hat als jeder meiner Comics. Und an der großen Karriere arbeite ich weiterhin jeden Tag.

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November 2013
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