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COMIC!-JAHRBUCH 2014

Die Einstellung der COMIXENE


Ein persönlicher Rückblick von Klaus Schikowski


10 Jahre hat das Experiment gedauert, dann war es auch schon wieder vorbei. Die COMIXENE, eine Comicmagazin-Institution in Deutschland mußte mit der Nummer 115 eingestellt werden – zum dritten Mal. Beinahe sang- und klanglos verabschiedete sich (wieder einmal) das Fachmagazin, das nun in drei Epochen aufgeteilt werden kann: Die Knigge/Becker-Epoche von 1974–1982 (Nummer 1–42, und als COMIXENE newsletter weitergeführt, 43–50), die Kaps-Ära von 1994–1996 (Nummer 51–57) und die Jurgeit-Ära von 2003–2012 (58–115).
2014 hätte das Magazin also Jubiläum feiern können, doch dazu ist es nicht mehr gekommen. Auf dem Cover der COMIXENE, die im November 2012 mit der Nummer 115 letztmalig erschien, war eine Illustration von Art Spiegelman abgedruckt, der es damit zum ersten Mal auf das Cover schaffte. Erstaunlich für einen Zeichner, der wie kein Zweiter den Diskurs über Comics in Deutschland nachhaltig veränderte. Erstaunlich aber auch für ein Magazin wie die COMIXENE, die sich in ihrer dritten Amtsperiode der kritischen Auseinandersetzung mit allen Spielarten von Comics verschrieben hatte, daß es so lange brauchte, um Spiegelman mit einem Cover zu würdigen. Aber die "Xene" – wie sie gerne in Insiderkreisen genannt wurde – hatte sowieso schon längst ihre eigene Zeitrechnung aufgemacht, ihre unregelmäßige Erscheinungsweise zum Ende hin war schon fast sprichwörtlich.
Daß die COMIXENE eingestellt wurde, zeugt allerdings eher von einem gesellschaftlichen Problem, das die Comics heutzutage immer noch haben. Es fehlt einfach an kultureller Relevanz und auch am selbstverständlichen Umgang mit Comics in der Gesellschaft. Vielfach bleiben weiterhin die Verkäufe im niedrigen vierstelligen Bereich, wenn nicht sogar dreistellig, auch von Graphic Novels, die vom Feuilleton gefeiert werden. Der Verleger von Reprodukt, Dirk Rehm, antwortet auf die Frage nach dem Erfolg von Comics "Welcher Boom?", und der Programmleiter von Carlsen, Ralf Keiser, spricht in einem Interview davon, daß die Branche mal einen Bestseller bräuchte, der 30–40.000 Exemplare verkauft. Davon ist man hierzulande weit entfernt. Die großen Kassenknüller sind in der Regel Comics, die ein halbes Jahrhundert alt sind, "Asterix" etwa, und man muß kein Prophet sein, um jetzt schon die Millionenauflage des ersten Bandes mit dem neuen Team zu prognostizieren. Und Superhelden sind nur noch im Medienverbund zu bekommen, sprich, große Blockbuster-Ereignisse im Kino und monatlich die Hefte am Kiosk. Doch die meisten Comics finden weit unter der Wahrnehmungsgrenze statt, und wenn es schon der Primärliteratur so geht, wie sollte es denn um die Sekundärliteratur bestellt sein, die sich der eingehenden Auseinandersetzung mit Comics widmet? Der Comicmarkt an sich ist ein schwieriges Unterfangen, aber wie viel schwieriger es ist, ein breitenwirksames Comicfachmagazin zu lancieren, davon können die vielfach eingestellten Versuche berichten. Daß das mitnichten am Comic liegt, beweist die Vielfalt und Diversifikation, die sich mittlerweile ausgeprägt hat und die es dem Laien schier unmöglich macht, sich zu informieren und auf dem Laufenden zu halten.
Das war damals, 2003, als die COMIXENE mit der Nummer 58 wieder erschien, noch etwas übersichtlicher. Dennoch hatte sich die neue COMIXENE auf die Fahne geschrieben, die Veränderungen in der Comic-Szene zu begleiten und zu untersuchen. In der ersten neuen Nummer der Neuzeit schrieb Chefredakteur Martin Jurgeit im Editorial: "Mit der neuen CX wollen wir wieder ein Comic-Fachmagazin im deutschsprachigen Raum etablieren, das über die gesamte Bandbreite des Mediums berichtet. Wir wollen ein zentrales Forum für die deutschsprachige Comic-Szene schaffen, das es im Idealfall vielleicht sogar vermag, das Zusammengehörigkeitsgefühl und den Austausch unter den immer weiter auseinanderstrebenden Subszenen zu fördern." Das muß man heutzutage schon fast als prophetische Worte durchgehen lassen.

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COMIXENE (Becker illustrated)
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Burkhard Ihme (Hrsg.)
November 2013
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