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COMIC!-JAHRBUCH 2013

Sonderpreis der Jury für eine besondere Leistung oder Publikation:
Levin Kurio (Weissblech)


Von Christian Endres


Derber Trash. Geile Geister. Drogengeile Teenieschlampen. Wollüstige Vampire aus dem Weltraum. Okkulte Orgien. Schrecken der Urzeit. Horror aus der Pornogruft. Atemberaubende Atombusenbraut. Zombieterror. XXX-Comics. Die Roten Rächer. Samurella. Hammerharte Horrorschocker. All das sind Schlagworte und ferner Titel, mit denen der 1977 in der Nähe von Kiel geborene Levin Kurio das Portfolio seines Verlags Weissblech Comics bestückt. Seit 1992 verlegt der studierte Philosoph und Ethnologe nun schon mit wachsendem Erfolg Independent-Comics, wobei Kurio nicht nur am Schreibtisch des Verlegers und Herausgebers Platz nimmt, sondern auch regelmäßig selbst schreibt und zeichnet, bis in der Gruft die fauligen Fetzen fliegen. Nach 20 Jahren voller Kontinuität und feinstem Trash war die Zeit reif für den Sonderpreis der ICOM-Jury.


COMIC!: Hallo Levin. Erinnerst du dich an deine Comic-Einstiegsdroge?

Levin Kurio: Das waren «Lurchi», Lustige Taschenbücher und «Asterix», so etwa in dieser Reihenfolge.

COMIC!: Wie wichtig waren später die klassischen Horror-Comics von Bastei, BSV, Williams und Co.?

Levin Kurio: Auf diese Horrorhefte hatte ich keinen Zugriff. Als ich so Mitte bis Ende der achtziger Jahre in das Alter kam, waren die meisten der genannten Titel bzw. deren Verlage schon längst Geschichte, und Gespenster Geschichten habe ich nur einmal bei einem Freund gesehen, bei uns auf dem Dorf gab es die einfach nicht, oder ich hab sie nicht wahrgenommen.
Es gab einen Schreibwarenladen, der hatte ein paar Alben, die waren aber zu teuer, und MAD aus dem Supermarkt. MAD war damals mein Ding – die Williams- und Condor-Superheldenhefte entdeckte ich erst mit ungefähr 14 auf dem Flohmarkt, und wenig später stieß ich dann auf dem Comicsalon in Hamburg direkt auf die ersten US-Horrorhefte.

COMIC!: Liest du privat noch andere Sachen? Deine Studiengebiete lassen ja vermuten, daß du dich nicht auf Horror beschränkst ...

Levin Kurio: Sofern ich dazu komme, lese ich sehr gern auch andere Sachen. Natürlich habe ich inzwischen eine recht umfangreiche Comicsammlung, aber die Bücher nehmen immer noch mehr Platz weg. Grob gesagt, es sind vor allem Sachbücher über verschiedene geschichtliche Themen, aber auch Romane. Die letzten Bücher, die bei mir einen Eindruck hinterlassen haben, waren eine Fassung des Gilgamesch-Epos, ein in der DDR veröffentlichter Roman über einen vergessenen spanischen Entdecker («Verflucht, Sarmiento!») und die Biografie von Joe Simon. Philosophische Traktate liegen allerdings schon länger nicht mehr auf meinem «Lesehaufen».

COMIC!: Wirfst du für uns noch mal einen Blick zurück auf die Weissblech-Anfänge nach dem ersten am Kopierer entstandenen Underground-Comic aus deiner Feder?

Levin Kurio: So um 1992 herum fing es an; ich war 14 und habe die ersten Hefte gedruckt, die Joachim Guhde so treffend in der Laudatio beschrieben hat.

COMIC!: Wer zählt zu deinen künstlerischen, aber vielleicht auch verlegerischen Vorbildern?

Levin Kurio: Ich bin ein großer Jack Kirby-Fan und mag überhaupt die klassischen Zeichner sehr gerne, aber dazu kommt noch ein ziemlich starker Schuß Underground. Mancher empfindet Kirbys Stil als klobig, aber ich finde seine Art zu abstrahieren großartig. Ich bin nicht der Ansicht, daß Comics möglichst realistisch gezeichnet werden müssen, ich mag eine gekonnte Vereinfachung sehr, das ist meiner Ansicht nach gerade eine der Stärken des Comic.
Es gibt eine ganze Reihe von Verlegern, deren Biografien ich interessant finde; es sind die alten US-Heftchenverleger wie Donenfeld, Goodman, Gaines, und später dann James Warren und in gewisser Weise auch Myron Fass. Nur haben die alle vor über einem halben Jahrhundert auf einem anderen Kontinent gewirkt, deshalb wäre es Schwachsinn, sie sich zu Vorbildern zu machen, und die meisten waren auch ziemliche Gangster.

COMIC!: Wann fiel der Entschluß, ernsthaft einen Comic-Verlag zu betreiben?

Levin Kurio: Also, es kam nie wirklich etwas anderes in Frage. Ich hab 1999 direkt nach dem Zivildienst die Gründung geplant. Der materielle Erfolg stellte sich nicht umgehend ein, deshalb habe ich parallel ein Studium aufgenommen, um im Zweifelsfalle auch etwas «Richtiges» gelernt zu haben.

COMIC!: Was hielt deine Familie von deinem Traumberuf Comicverleger?

Levin Kurio: Ich muß meinen Eltern zugute halten, daß die Wahl meines Broterwerbs niemals ein großes Thema war, ich habe mir sowieso nie viel erzählen lassen. Es war eben schon sehr früh klar, daß ich etwas im Comic- oder Zeitschriftenbereich machen wollte, und es hat sich so entwickelt. Sie hatten wohl zumindest nichts dagegen, haben sich das Ganze aber im Ergebnis wohl etwas anders vorgestellt.

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