Lektüre
 Independent Comic Shop   ICOM-Publikationen   Kostenlos   Fachmagazine   Sekundärliteratur 
Das COMIC!-Jahrbuch | Das ICOM!-Handbuch | Der ICOM!-Ratgeber
FILMRISS | Das verbandseigene Fachmagazin
COMIC!-JAHRBUCH 2013

Comics und Illustrationen aus Münster
Interview mit Dietmar Krüger


Von Carmen Jonas


COMIC!: Mit «Kim Luna» hast du ein geniales Debüt-Album generiert. Sowohl der Aufbau der Geschichte, der Text, als auch die Zeichnungen und die Kolorierung wirken genau durchdacht und perfekt umgesetzt. Wie lange trägst und entwickelst du diesen Wunsch, einen Comic zu veröffentlichen schon in deinem Herzen?

Dietmar Krüger: Erst einmal ein großes Dankeschön für so viel Lob. Einen Comic wollte ich eigentlich schon immer zeichnen, d. h. seit der kleine Dietmar herausgefunden hatte, daß seine Fix-und-Foxi-Hefte von echten Menschen gezeichnet werden.

COMIC!: Warum hast du dich nicht schon früher an die Verwirklichung getraut?

Dietmar Krüger: Oh, da sind wohl mehrere Gründe, die dazu geführt haben, daß «Kim Luna» mein erstes Comic Album ist. Als freiberuflicher Illustrator ist man entweder damit beschäftigt, Aufträge auszuführen, oder damit, neue Aufträge zu bekommen, was wirklich ausreichend ist, um den Tag auszufüllen. Und «Kim Luna» ist ja nicht mein erster Comic, so lief im Mover Magazin von 2007–2009 mein Comic «Sanya». Außerdem ist es ja nicht wirklich leicht, Verleger zu finden, ich hätte da noch mindestens zwei Konzepte inklusive Probeseiten, Charakterdevelopment und Storyideen in der Schublade, für die ich keinen Verleger finden konnte.

COMIC!: Was verbindet dich mit der Stadt Münster, Parapsychologie und Krimis, daß du sie in deinem ersten Album als Thema wählst und miteinander verknüpfst?

Dietmar Krüger: Ich habe in Münster von 1985 bis 1990 Graphik-Design studiert und bin hier nach dem Studium schlicht und ergreifend hängen geblieben, da Münster eine wirklich lebens- und liebenswerte Stadt ist. Außerdem habe ich hier 1992 meine liebe Frau Susanne kennengelernt. Für Parapsychologie oder besser gesagt für das Phantastische im Allgemeinen habe ich seit meiner Jugend eine große Affinität. Als Einstiegsband für «Kim Luna» schien mir das Krimisujet am passendsten, weil es ein Genre ist, mit dem jeder vertraut ist. Phantastischere Abenteuer werden folgen.

COMIC!: Warum hast du als Titelfigur eine furchtlose, exaltierte, sportliche, rockende, intelligente und humorvolle Heldin mit den Maßen 90/60/90 gewählt?

Dietmar Krüger: Hmm, ich glaube es sind 92/60/90. Aber ernsthaft, es macht mir viel mehr Spaß, eine attraktive Frau zu zeichnen als zum Beispiel einen in Spandex eingeschweißten Supermuskelberg. Was nicht heißt, daß ich keine Superhelden zeichne, was ich auf Comicbörsen und -messen sowieso tue, sondern daß, wenn ich eine eigene Figur entwickle, es wohl eher eine Frau wird.

COMIC!: Hast du ein besonderes Faible für die Parapsychologie?

Dietmar Krüger: Seit ich mit ungefähr 14 Jahren Uri Geller bei Wim Thoelke Löffel verbiegen sah, frage ich mich, ob solche Dinge wie Telepathie, Telekinese usw. möglich sind. Hier sind ja auch Erklärungsansätze geliefert worden, unter anderem von Rupert Sheldrake mit seinen morphogenetischen Feldern oder dem global consiousness project. Aber auch die «harte» Wissenschaft zeigt, daß zumindet im subatomaren Bereich der Beobachter das Experiment beeinflußt und so verhält sich ein Photon im sogenannten Doppelspaltexperiment, wenn es beobachtet wird, mal wie ein Teilchen und mal wie eine Welle. Außerdem zeigt die Quantenphysik, daß Materie nicht aus Materie aufgebaut ist, das wir nicht in einer Realität, einer dinglichen Welt, sonder in einer Wirklichkeit leben. Am besten, man stellt sich einen Wald vor und dann nimmt man die Bäume weg, was dann übrig bleibt, ist eine Beziehungsstruktur, und das ist wohl das, was am Grunde unserer Wirklichkeit liegt. Auf keinen Fall allerkleinste Materiekügelchen.

COMIC!: Wie kam es eigentlich zum Kim-Luna-Song «Schattenengel»?

Dietmar Krüger: Mein Freund Oliver, der Baß spielt, konnte das Entstehen des Comics über die Jahre beobachten. Da Kim ja auch Rockmusikerin ist, kam er auf die Idee, man könne doch einen Song zum Album produzieren. Er nahm also in seinem Kellerstudio ein Demo auf. Darauf hin hab ich einen Text geschrieben, der in poetischer Form der Handlung des Albums Rechnung trägt. Olivers Frau Kerstin, die eine unglaublich kraftvolle und ausdrucksstarke Stimme hat, hat den Text dann eingesungen. Außerdem kamen am Schlagzeug noch Marcel Bach und an der Gitarre Pete Adorf hinzu. Bei youtube einfach «Schattenengel HD» eingeben.

COMIC!: Welche Aspekte sind am reizvollsten beim Entwickeln eines eigenen Comics?

Dietmar Krüger: Schlicht gesagt: dem eigenen Affen Zucker geben. Als Illustrator ist man ja einem bestehenden Text verpflichtet, von den Bildvorstellungen des Kunden ganz zu schweigen.

COMIC!: Fiel es dir leichter, die Geschichte zu erzählen oder die Panels zur geschriebenen Geschichte zu gestalten?

Dietmar Krüger: Eigentlich weder noch. Ich bin ganz methodisch vorgegangen. Zuerst in Stichworten die Geschichte notiert, dann als vollständige Inhaltsangabe niedergeschrieben; danach festgelegt, wie viele Seiten Comic für die einzelnen Sequenzen gebraucht werden. Der nächste Schritt war, das Seitenlayout als Thumbnail festzulegen. Zu der fertigen Panelfolge habe ich dann die Dialoge geschrieben. Es folgte der eigentliche Zeichenprozeß. Erst skizzieren und durcharbeiten der einzelnen Seiten, danach diese am Leuchttisch auf Zeichenkarton übertragen und schließlich tuschen. Die Kolorierung erfolgte anschließend digital. Die einzelnen Arbeitsschritte sind natürlich nicht so streng voneinander getrennt, wie es hier den Anschein hat. Als ich ungefähr die ersten 10–15 Seiten fertig gezeichnet hatte, wurde mir klar, daß ich für die Geschichte statt der geplanten 44 Seiten 48 brauchen würde. Und an den Dialogen wurde buchstäblich bis zuletzt gefeilt.

COMIC!: Was ist an «Kim Luna» anders geworden als geplant oder erwartet?

Dietmar Krüger: Hauptsächlich, daß ich viel länger als erwartet gebraucht habe, um den Comic fertigzustellen.

COMIC!: Was hat dich während der Arbeit an dem Comic am meisten überrascht?

Dietmar Krüger: Das Problem der Continuity. Zwischen den einzelnen Seiten liegen ja Wochen in denen ich andere Bilder gezeichnet oder gemalt habe. Zwischen Seite 21 und 22 liegen sogar knapp 2 Jahre. Ich mußte also verstärkt auf Dinge achten wie: «Hängt das Schwert in der gleichen Richtung über Kims Schulter wie auf der Seite zuvor?», «Trägt Kim in dieser Szene jetzt Pumps, Rollerblades oder Turnschuhe?», usw, usw. ... Ach übrigens, für alle Sommersprossenzähler: In der Großaufnahme sieht man diese am deutlichsten, mit einem relativ feinen Tuschestrich gezeichnet, bei einem Mediumshot sind sie bestenfalls noch in Tusche angedeutet, noch etwas kleiner und die Sommersprossen werden nur noch als Farbpunkt dargestellt, und noch einen Schritt kleiner und sie sind gänzlich verschwunden. Der Grund ist einfach, daß ab einer bestimmten Größe die Sommersprossen, wenn sie getuscht würden, einfach zu gewichtig wären und wohl eher wie Pockennarben wirken würden.

Auf den Geschmack gekommen?
Weiterlesen im COMIC!-Jahrbuch 2013
Links zum Artikel

Dietmar Krügers Website
Kim Luna
Kim Luna auf Facebook
Kim Luna auf YouTube
Epsilon Verlag
Sanya
Übersicht der Linklisten
  Alle Jahrbücher
Comic Jahrbuch 2013
Comic Jahrbuch 2012
Comic Jahrbuch 2011
Comic Jahrbuch 2010
Comic Jahrbuch 2009
Comic Jahrbuch 2008
Comic Jahrbuch 2007
Comic Jahrbuch 2006
Comic Jahrbuch 2005
Comic Jahrbuch 2004
Comic Jahrbuch 2003
Comic Jahrbuch 2001
Comic Jahrbuch 2000
COMIC!-Jahrbuch 2013
Burkhard Ihme (Hrsg.)
November 2012
240Seiten, davon 34 redaktionelle Farbseiten
EUR 15,25
BESTELLEN