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COMIC!-JAHRBUCH 2013

Ist Print vielleicht doch besser?
Die neue Schriftenreihe «Comiqheft» im Ch.A. Bachmann Verlag.


Von Felix Giesa


Ein generelles Problem der Comicforschung hierzulande ist, daß einzelne Arbeiten erratisch nebeneinander bleiben, anstatt in einen gemeinsamen Diskurs zu treten. Christian Bachmann hat nun eine Kleinschriftenreihe ins Leben gerufen, die diesem Umstand endlich Abhilfe schaffen will. Der Verleger hat uns einige Fragen per E-Mail beantwortet.


COMIC!: Wenn man einmal die USA mit der comix scholars-Liste oder den zahlreichen Blogs bzw. dem comicsforum zum Vergleich heranzieht, fehlt hierzulande, besonders auch im Internet, ein Ort für anspruchsvolle Diskussionen im Bereich der deutschsprachigen Comicforschung. Hast du auch den Bedarf für eine Diskussionsplattform gesehen?

Christian Bachmann: In der Tat spielte der eine Rolle. Schon die Verlagsgründung hing damit zusammen, daß es m. E. an dezidiert comicwissenschaftlichen Publikationsmöglichkeiten fehlte. Daraus entstand die Yellow-Reihe. Du hast Recht, es gibt für den wissenschaftlichen ad-hoc-Austausch in Deutschland im Augenblick wenig Raum. Auf Facebook habe ich vor einer Weile eine Gruppe eingerichtet (www.facebook.com/groups/comic forschung), in der sich immerhin knapp 70 Leute gelegentlich unterhalten, aber auch dort geht es im Moment noch hauptsächlich um den Austausch von Informationen (wo wann welche Tagungen sind, welche Ausstellungen es gibt usw.). Niemand von uns schreibt gern für die Schublade, aber wo soll ich meine comicspezifischen Ideen veröffentlichen? Also wird vieles vermutlich gar nicht erst verschriftlicht und daher auch niemandem wirklich zugänglich. Da gibt es noch viel zu tun. Wichtig wäre eine regelmäßig erscheinende Zeitschrift. Die Heftreihe ist ein erster Schritt in diese Richtung.

COMIC!: Verstehst du die Reihe eher an ein breiteres Publikum gerichtet oder dezidiert auf den akademischen Diskurs ausgerichtet?

Christian Bachmann: In erster Linie richtet sich das Comiqheft an interessierte Fachleute. Aber ich würde mich sehr freuen, wenn die Leserschaft breiter würde – auch Comicfans sollten sich doch dafür interessieren, wenn etwas Bahnbrechendes wie ein homosexueller Superheld auf der Bildfläche erscheint, oder?

COMIC!: Wenn ich es richtig sehe, ist der Carrier-Text neu entstanden, oder? Wie kam es zum Kontakt mit deinen Autoren? Lars Banhold ist ja bereits Bachmann-Autor.

Christian Bachmann: David Carriers Essay lag schon vor. Im Eifer der Verlagsgründung hatte ich mir 2009 vorgenommen, ein Buch mit dem Titel «Was ist der Comic?» zu machen. Darin sollten Experten aus der Wissenschaft und Comiczeichner in knappen Aufsätzen Stellung beziehen. Das Projekt ist dann nicht zustande gekommen (ähnlich wie die damals angedachte Bibliographie zur Comicforschung, deren Vorarbeiten dann Joachim Trinkwitz für die Bonner Onlinebibliographie (www.co micforschung.uni-bonn.de)bekommen hat, weil anderes wichtiger war und weil die Rückmeldungen der Angefragten etwas dünn waren: Einige hatten zwar Interesse bekundet, doch Umberto Eco hatte keine Zeit, Scott McCloud wollte nicht, Eckart Sackmann nur, wenn McCloud dabei wäre ... David schrieb damals, er sei gerade in China, dort sei am nächsten Tag Feiertag, er würde mal schauen und sich melden. Er hat dann diesen Feiertag genutzt, um den Aufsatz zu schreiben, der dann in meiner Schublade verschwand, weil das Buch nicht realisiert wurde. Als mir die Idee zum Comiqheft kam, war es naheliegend, die alte Schuld zu begleichen. David fand die Idee gut, und so wurde das erste Heft daraus. Lars kannte ich natürlich schon; das gleiche gilt für Lino Wirag und Markus Engelns, dem das vierte Heft zur Verfügung steht, um seine Ansichten zur Frage, ob denn der Comic überhaupt ‹Kunst› sein müsse, zu formulieren.

COMIC!: Zu Form und Gestaltung: Auffällig ist, daß jedes Bändlein ein eigenes Layout erhält und auch die Formate, hoch oder quer, nicht festgelegt sind. Ebenfalls ist das Papier für eine Sekundärpublikation eher ungewöhnlich, Hochglanz erwartet man ja bei Comics. Ist das auch ein bißchen das Konzept der Reihe, kleine, beinahe sammelbare Pamphlete zur Comicforschung?

Christian Bachmann: Genau darum geht es: Klein, handlich und hübsch sollte es sein. Nicht zuletzt, weil ich mit der Reihe meinem Hobby nachgehe. Der Verlag ist inzwischen kein Hobby mehr, sondern ein veritabler Nebenberuf – ich brauche aber für mich Spielraum, zum Beispiel, um mich gestalterisch auszutoben. Allerdings bestehe ich nicht darauf, alle Ausgaben selbst zu entwerfen, im Gegenteil, ich freue mich über interessierte Designer. Übrigens sind Sammler faszinierende Figuren.

COMIC!: Einen Euro pro Heft zu verlangen, ist ein krasser Kampfpreis. Rentiert sich das für Verlag und Autoren oder ist es tatsächlich hauptsächlich der Gedanke, eine Plattform zu schaffen?

Christian Bachmann: Klar, der niedrige Preis dient als Kaufanreiz, ich möchte mit den Heften nicht zwingend etwas verdienen, außerdem sind die Herstellungskosten relativ gering, die einzelnen Ausgaben sind daher keine große Investition. Nein, es geht vor allem darum, die Plattform zur Plattform zu machen. Das Problem ist, daß die Hefte nur über die Ladentheke einigermaßen gut verkauft werden können – doch da ist, soweit kann man es jetzt leider schon erahnen, das Interesse eher gering. Inzwischen überlege ich deshalb, ob ein anderes Format nicht sinnvoller wäre. Vorher machen wir aber noch das vierte Heft – und dann schauen wir weiter.

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