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COMIC!-JAHRBUCH 2012

Deutsch lernen mit Comics
Deutschsprachige Comics beim Goethe-Institut

Von Marco Behringer


Das Goethe-Institut hat mit «Deutschsprachige Comics» eine umfangreiche Webseite geschaffen, die inzwischen in zehn Sprachen vorliegt. Dadurch wird die Arbeit deutscher Comiczeichner in der ganzen Welt vermittelt. Außerdem veranstalten die Goethe-Institute zahlreiche Veranstaltungen zu deutschen Comics oder laden deutsche Comiczeichner ein.

Das Goethe-Institut? Das sind nicht nur diese Kulturbeflissenen, die versuchen, die deutsche Sprache bis in die fernsten Winkel zu verbreiten. Es ist das weltweit tätige Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland und fördert die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland und pflegt die internationale kulturelle Zusammenarbeit. Darüber hinaus vermittelt das Goethe-Institut ein umfassendes Deutschlandbild durch Informationen über das kulturelle, gesellschaftliche und politische Leben. Nun hat das Kulturinstitut auch das Medium «Comic» zur Vermittlung von Goethes Muttersprache entdeckt. Deshalb gibt es seit ein paar Jahren eine eigene Internetseite über deutschsprachige Comics. Die Webseite kann auch auf Dänisch, Englisch, Spanisch, Finnisch, Französisch, Japanisch, Niederländisch, Norwegisch und Portugiesisch gelesen werden.
Ausgedacht hat sich das Projekt Mareike Röper. Als Leiterin ‹Information & Bibliothek› am Goethe-Institut Stockholm war sie 2005 auch für dessen Internetseiten verantwortlich, und da fiel ihr schlichtweg auf, «daß es noch kein allgemeines Internetangebot zum Comic auf www.goethe.de gab». Zuvor hatte sie bereits das Berliner Comicfestival geleitet, wodurch sie schon eng mit der Comicszene verzahnt war. Das Internetportal wurde dann mit dem Internetbereich der Zentralverwaltung entwickelt und die ersten Jahre ausschließlich vom Goethe-Institut Stockholm betreut. Aufgrund des ansteigenden Erfolges übernahm 2008 dann die zentrale Internet-Redaktion die Leitung der Webseite. Bestehend aus Mitarbeitern der Internetabteilung und der zentralen Online-Redaktion wurde 2009/2010 ein Redaktionsteam gegründet, das immer noch aktiv ist. Die redaktionelle Betreuung liegt in erster Linie bei Mareike Röper und Ingrid Arnold, in enger Zusammenarbeit mit den freien Autoren, zu denen unter anderem Rieke Harmsen zählt, die die News und den Veranstaltungskalender betreut. Mareike Röper ist für die neuen Artikel und Porträts zuständig.
Am Anfang schrieb nur Matthias Schneider für die Comic-Webseite . Er hatte mit Mareike Röper zuvor das Berliner Comicfestival kuratiert und arbeitete als freier Autor in den Bereichen «Musik» und «Comic». Schließlich änderte die Redaktion diesen Ansatz und holte nun mehr Autoren dazu, um Stimmenvielfalt zu gewährleisten und die Lebendigkeit der Seiten zu erhöhen. Inzwischen hat die Redaktion einen festen Pool an Autoren, auf den Mareike Röper zurückgreifen kann. Manchmal kommt es auch vor, daß die Zeichner sogar selbst Vorschläge machen. Voraussetzung ist dabei aber, daß die Autoren journalistische Erfahrungen und gute Kenntnisse der Comicszene vorweisen können.
Neben der Webseite engagieren sich die Goethe-Institute auch in der realen Welt für Comics. Sie laden regelmäßig Comic-Künstlerinnen und -Künstler für eigenständige Programme ein, sie stellen Zeichnungen aus und bieten Workshops oder Vorträge an. Die eingeladenen Zeichner entwickeln in Kooperation mit den Goethe-Instituten Angebote für die lokale Szene. 2010 startete zudem die Wanderausstellung «Comics, Manga & Co. – Die neue deutsche Comic-Kultur», womit das wachsende Interesse an den Entwicklungen des zeitgenössischen Comics aus Deutschland gewürdigt wird. In der Wanderausstellung stellt das Goethe-Institut zwei Generationen Zeichner vor, die nach eigenen Angaben «in den letzten Jahren auf ganz unterschiedliche Art und Weise die deutsche Comic-Kultur geprägt haben». Größtenteils sind die eingeladenen Künstler in der Wanderausstellung selbst vertreten und gestalten das Rahmenprogramm zur Ausstellung oder Zusatzangebote. Es gibt aber auch eigenständige Kooperationen im Bereich Comics, die nicht mit der besagten Ausstellung einhergehen und zum Teil andere Comiczeichner miteinbeziehen. Eine erste Station der Wanderausstellung war das Goethe-Institut Helsinki, danach zog die Wanderausstellung weiter – nach Bukarest, Prag, Santa Cruz, La Paz, Porto Allegre und seither in zahlreiche andere Orte in aller Welt wie Manila, Johannesburg, Nowosibirsk und Antananarivo.
Außerdem gastierte die Ausstellung in Finnlands Hauptstadt beim 25. Internationalen Comicfestival, zu dem Sascha Hommer («Vier Augen») vom Goethe-Institut und von der Helsinki Comic Society eingeladen wurde. Dorthin kommen erfahrungsgemäß immer viele Interessenten, die sich ansonsten gar nicht mit Comics, geschweige denn mit deutschen Comics beschäftigen. Der Workshop, den der Zeichner in Helsinki leitete, war nach Angaben von Sascha Hommer «sehr lustig». Das lag mitunter daran, daß fast nur Comiczeichner teilnahmen, wodurch «das Niveau der Teilnehmer sehr hoch» war. Thema war «Incredible Machines», nach Rube Goldberg. Außerdem hatte Sascha Hommer regen Austausch mit der finnischen Independent-Szene. Der Comiczeichner wurde außerdem auch noch nach Tiflis, Bukarest, und an andere Orte eingeladen und hat durchweg gute Erfahrungen gemacht. Die Workshops liefen entweder auf Englisch ab, oder es wurde, wie zum Beispiel in Georgien, eine Dolmetscherin hinzugezogen.
Neben den Workshops und dem Austausch vor Ort werden seine Arbeiten weiterhin in der Wanderausstellung gezeigt. Sascha Hommer ist nur ein Beispiel. Viele andere deutsche Comiczeichner wurden in alle Welt eingeladen. In der Wanderausstellung werden Arbeiten von 13 Comickünstlern wie Arne Bellstorf («Baby’s in black – The story of Astrid Kirchherr & Stuart Sutcliffe»), Mawil («Action Sorgenkind»), Anke Feuchtenberger («Die Hure H zieht ihre Bahnen»), Flix («Faust»), Jens Harder («Alpha – Directions»), Reinhard Kleist («Cash – I see a darkness»), Isabel Kreitz («Die Sache mit Sorge») oder Ulf K.(«Sternennächte») gezeigt. Die Ausstellung wurde vom Fachbereich Bildende Kunst des Goethe-Instituts initiiert. Das Konzept für die Ausstellung stammt von Matthias Schneider und wurde von Hans Baltzer gestaltet, der auch für den Ausstellungskatalog (vierfarbig, 88 Seiten, mit einem Vorwort von Andreas Platthaus) verantwortlich ist, den man über den Fachbereich oder auf der Webseite beziehen kann. Er liefert anhand exemplarischer Werke der Zeichner einen Überblick und Hintergrundinformationen über die aktuelle deutsche Comic-Szene.
Mit der Wanderausstellung und anderen Veranstaltungen will das Goethe-Institut das Medium «Comic» weiter stärken. Die Termine der Ausstellungen und anderer Events findet man im Veranstaltungskalender auf der Internetseite (www.goethe.de/comics). Vielleicht kann der Erfolg der Webseite (noch) nicht in Zahlen gemessen werden. Dennoch hat durch das Comic-Portal die Arbeit der Goethe-Institute im Ausland zugenommen. Die vom der Zentralverwaltung initiierte Wanderausstellung ist ein großer Erfolg, was durch die beachtliche Nachfrage sichtbar ist. Die Wanderausstellung wird den Auslandsinstituten zunächst angeboten, und diese können sich dann bewerben. Ungefähr noch zwei Jahre ist die Ausstellung im Voraus ausgebucht. Wer hätte gedacht, daß das Land von Goethe und Schiller seine Sprache durch Comics in alle Welt trägt? Es gibt derzeit wohl kaum ein vergleichbares umfangreiches verlagsunabhängiges Informationsangebot zu Comics aus Deutschland. Dadurch leistet das Goethe-Institut, zusammen mit der Comic-Webseite, einen beachtlichen Beitrag, um die deutschsprachige Comicszene international bekannt und interessant zu machen.

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Burkhard Ihme (Hrsg.)
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