Herausragendes Artwork:
«Ein Mann geht an die Decke» von Katharina Greve
Interview von Marco Behringer
COMIC!: Du hast Architektur studiert. Was war ausschlaggebend dafür, daß du das dann zugunsten des Comiczeichnens hingeschmissen hast? Immerhin ist Architektur doch auch ein kreativer Bereich, der dazu auch noch gut bezahlt ist.
Katharina Greve: Ich habe die Architektur nicht für das Comic-Zeichnen aufgegeben, sondern für die Suche nach etwas anderem. Ich habe lange nach dem richtigen Ausdrucksmittel geforscht und von der Performance bis zum Drehbuchschreiben viel ausprobiert. Das Comic-Zeichnen ist das Ergebnis dieser Suche. Das Schreiben und die Kunst verfolge ich auch weiter, aber die grafische Erzählung ist momentan mein Lieblingsmedium. Aber wer hat dir erzählt, daß Architekten gut bezahlt werden? Da hast du dir einen ziemlich übergewichtigen Bären aufbinden lassen! Das gilt nämlich nur für ganz wenige mit ganz großen Namen.
COMIC!: Du sagst selbst von dir, daß du eine «überzeugte Ex-Architektin» bist. War das Studium so schlimm beziehungsweise was stört dich an der Architektur?
Katharina Greve: Das Studium war außerordentlich schön und hat mir viel Spaß gemacht. Naja, bis auf Baustoffkunde vielleicht: Beim Auswendiglernen der Steinfestigkeitsklassen und Mörtelgruppen wollte ich zum ersten und einzigen Mal das Studium abbrechen. Insgesamt ist mir Architektur aber zu realistisch und zu ernsthaft.
COMIC!: Inwiefern hat dich das Architekturstudium im Hinblick auf deine Comicarbeiten beeinflußt? War es eine gute Grundlage auf der du aufbauen konntest oder hat dich das Vorwissen auch eingeschränkt?
Katharina Greve: Der offensichtlichste Einfluß ist sicher der Zeichenstil: Ich neige zu starker Abstraktion und mag die Klarheit von technischen Zeichnungen. Ein Plansatz zu einem Gebäude Grundrisse, Ansichten, Schnitte ist ja quasi ein Comic, der dieses Gebäude erzählt und mit etwas Phantasie auch das Leben darin. Ansonsten habe ich im Studium gelernt, konzeptionell zu denken, aus einem Ort oder einer Situation eine Grundidee zu entwickeln und die dann konsequent durchzudeklinieren eine Arbeitsweise, die einem in fast jedem gestalterischen Bereich weiterhilft. Als einschränkend habe ich das nie empfunden.
COMIC!: Wie bist du auf die Idee zu «Ein Mann geht an die Decke» gekommen? Was war zuerst da: Der Gedanke, auf der Basis des Berliner Fernsehturms eine Graphic Novel zu machen, oder die Idee zur «Emanzipation von der Gravitation»?
Katharina Greve: Zuerst war da der Turm. Ich finde es faszinierend, daß er so präsent und für alle sichtbar in der Stadt steht und gleichzeitig so viel geheimen Raum umschließt, zu dem kein Besucher Zutritt hat. Dazu kommt, daß ich mir als Kind oft vorgestellt habe, wie es wäre, an der Decke laufen zu können.
Übrigens hat sich nach diversen Presseberichten über das Buch in Berliner Zeitungen ein netter Mann von der Deutschen Funkturm GmbH, der Eignerin des Fernsehturms, bei mir gemeldet und mich zu einer Privatführung eingeladen. Inzwischen habe ich also diese ganzen geheimen Räume gesehen und weiß, daß sie noch viel beeindruckender sind, als ich vorher angenommen hatte.
COMIC!: Inhalt und Form gehen bei dir Hand in Hand. Wie schaffst du es, eine derart stimmige Einheit von Geschichte und Artwork zu erzeugen? Schließlich kulminieren die strengen geometrischen Formen unter anderem in Franz‘ Leidenschaft für Kreuzworträtsel!
Katharina Greve: Vielen Dank für das Kompliment! Ich schwöre auf die drei Ks: Konzept, Konsequenz und Kirschsaftschorle.