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COMIC!-JAHRBUCH 2011

Die Niederländische Jugend liest Comics, aber wenige aus dem eigenen Land

Von Rik Sanders
Aus dem Niederländischen von Mark O. Fischer

Zwei Titel dominieren den niederländischen Jugendcomicmarkt schon jahrzehntelang:
die Zeitschrift Donald Duck und die Serie «Suske en Wiske». Sie bekommen heftige Konkurrenz von den nachrückenden Jugendheften, die oft an einen Kindersender oder eine Fernsehserie gekoppelt sind. Ursprüngliche niederländische Kindercomics werden kaum noch veröffentlicht. Was da in Albenform erscheint, kommt größtenteils aus dem Ausland. Zeitungen und Zeitschriften geben gewöhnlich Konzept- und Studiocomics den Vorzug. Aber es gibt zum Glück Ausnahmen.
Das Wochenheft Donald Duck besteht in den Niederlanden schon seit 1952. Es ist ein legendärer Titel, wobei Kinder später als Erwachsene wieder ein Abonnement für ihre Kinder aufnehmen. Oder für sich selbst, denn aus Umfragen ergab sich vor kurzem, daß von der Auflage um die 300.000 Stück ein Drittel an Abonnenten geht, die älter als 18 Jahre sind. Vor allem die Studenten sind in dieser Gruppe überrepräsentiert. Thom Roep, Chefredakteur von Donald Duck, gab als Erklärung, daß das Heft eben so etwas sei wie der Weihnachtsmann: «Offiziell für Kinder, aber ältere genießen es genauso.» Er wies darauf hin, daß die Bewohner von Entenhausen im Heft ernsthafte Probleme anschneiden wie die Umweltpolitik, die erwachsene Leser auch ansprechen. Selbst Politik wird nicht gescheut. «Daniel Düsentrieb hat schon in den 1970er Jahren erklärt, daß Daten nie mehr verschwinden», so Roep.
Das Besondere am niederländischen Donald Duck ist, daß das Heft mit einem niederländischen Studio mit unter Duck-Kennern bekannten Namen wie Wilma van den Bosch, den Brüdern Mau und Bas Heymans, Michel Nadorp und – in früheren Jahren – Daan Jippes produziert wird. Gegenwärtig gibt Sanoma Uitgevers das Wochenheft heraus. Dazu erscheinen allerlei Nebenprodukte wie Albenreihen, Taschenbücher und Spezialausgaben, in denen alte Geschichten aus dem Wochenheft oder ausländische Duck-Produktionen abgedruckt werden. Seit kurzer Zeit bestückt Sanoma den Zeitschriftenmarkt mit neuen Titeln für spezifizierte Zielgruppen. So gibt es ein Duck out für Fußballfans, ein Donald Duck junior für 5- und 6-jährige, ein Willie Wortel (Daniel Düsentrieb) mit lustigen Fakten, das Hochglanzmagazin Donald für erwachsene Leser, das Jonge woudlopers handboek (The Junior Woodchucks Guidebook = Das Schlaue Buch), Mini-Daisy- und Dagobert-Duck-Taschenbücher und extra Ferienbücher (z. B. über die Panzerknacker) und Specials (Fußball-WM, Zelten, Segeln). Auch gibt Sanoma seit Beginn 2010 das Monatsheft Disney XD heraus, das sich an etwa 12jährige Jungen richtet. Das Heft ist eng verbunden mit dem Cartoonsender Jetix (vorher Fox Kids), der 2009 zum Disney XD wechselte. Da Sanoma die Disney-Rechte in den Niederlanden besitzt, dürfen sie auch das Heft herausbringen, das vorher unter dem Namen Jetix Magazine (Z-Press Verlag) durchs Leben ging. In Disney XD finden sich Studiostrips von z. B. «Triff die Robinsons», «Phantomias» und «Fluch der Karibik».


Flämisch und Niederländisch

Neben Donald Duck ist «Suske en Wiske» der heute noch erscheinende klassische Jugendtitel.
Die Serie «Suske en Wiske» feiert 2010 sein 65-jähriges Jubiläum. Ursprünglich erdacht vom Flamen Willy Vandersteen wird der Comic schon seit Jahren vom Studio Vandersteen produziert, wo bis heute die kreative Leitung in den Händen von Luc Morjaeu und Peter Van Gucht liegt. Die ursprünglich belgische Produktion ist vor allem auf dem niederländischen Markt präsent. Von jedem Album (vier pro Jahr) gehen 200.000 Exemplare über die niederländischen Ladentische und «nur» 100.000 im Mutterland. Das deftige Flämisch ist längst durch die «Niederländische Umgangssprache» ersetzt, und regelmäßig spielen die Abenteuer des Paares in den Niederlanden. Auch die Republik der Niederlande und das Goldene Jahrhundert (das 17.) bilden eine dankbare Inspirationsquelle, liegt darin doch auch eine geteilte Geschichte mit Flandern.
Standaard Uitgeverij, die die «Suske en Wiske»-Produktionen im Auftrag des Studio Vandersteen herausgibt, mußte erkennen, daß junge Leser in der heutigen Zeit, in der die Konkurrenz von Internet, TV-Cartoons, Games und Jugendheften groß ist, dem Comic nicht automatisch treu bleiben. Standaard muß ständig in Marketing-Maßnahmen wie die Unterstützung einer großen Jubiläumsausstellung über Suske und Wiske im Limburgs Museum in Venlo investieren. Außerdem bringt der Verlag allerlei Spezialausgaben wie Themensammlungen älterer Geschichten und Taschenbücher heraus. Zusätzlich ist letzten Sommer anläßlich des 65-jährigen Bestehens der Serie das Suske en Wiske Magazine erschienen. Das Heft ist eine Koproduktion von Standaard Uitgeverij, Studio Vandersteen und dem niederländischen Verlag Z-Press. «Ich lief als Fan von Suske und Wiske schon einige Zeit mit dieser Idee rum, so ein speziell an dieser Serie angelehntes Heft herausgeben zu können», erzählt Herausgeber Robert van Ginhoven von Z-Press. «Außerdem suchten wir nach einem Weg, um dem Verlag Sanoma, der in letzter Zeit die Kiosk-Regale mit Disney-Produktionen überschüttet hat, etwas entgegenzusetzen. Suske und Wiske sind als Charaktere in den Niederlanden stark genug, um auf diesem Markt zu bestehen.»
Im Gegensatz zum früheren Suske en Wiske weekblad, das 2003 nach zehn Jahren eingestellt wurde und jede Woche unterschiedliche Comics enthielt, befaßt sich das neue, bisher erst einmal erschienene Magazin einzig mit dem «Suske en Wiske»-Universum und einem Thema: dem Wetter. Neben kurzen Comics gibt es Puzzles, Spiele und Neuigkeiten, die mit dem gewählten Thema zu tun haben. Sollte das Suske en Wiske Magazine (Auflage: 80.000 Stück) ein Erfolg werden, dann folgt wahrscheinlich 2011 eine zweite Nummer.

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Links zum Artikel

www.stripschrift.nl
www.easterneuropeancomics.com
www.streekmuseumtiel.nl
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Burkhard Ihme (Hrsg.)
November 2010
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