Tauben als Comicstrip-Helden
Interview mit Torsten Tordi Kyon
Von Michael Hüster
Torsten Kyon alias Tordi (Jahrgang 1959) ist gebürtiger Bottroper. Erste Karikaturen zeichnete er schon während seiner Schulzeit. Nach dem Abitur absolvierte der Bergmannssohn ein Kunststudium in Essen. Seit 1991 ist er als Kunstpädagoge tätig. Seit 1980 ist er ständiges Mitglied des Künstlerbundes Bottrop. 20022004 illustriert Tordi Bücher für den Verlag für Ruhrgebietsliteratur Henselowsky & Boschmann.
Vor ein paar Jahren entwickelte er die Taube als Comic-Figur. Tordi: «Im Ruhrgebiet gibt es viele Taubenzüchter. Auch mein Vater und Großvater hatten Tauben, ich bin also damit groß geworden.»
Die Geschichten liefert das Ruhrgebiet selbst, mit seinen Menschen (hart aber herzlich) und seiner wunderbaren Umgebung. Die meisten Taubenzüchter Deutschlands kommen aus NRW bzw. dem Ruhrgebiet. Im Jahr 2008 erschien «Dem kleinen Mann seine Rennpferde», der erste Sammelband mit seinen Tauben-Strips, im Emons Verlag Köln.
Tordis Tauben-Strips gibt es außerdem in «Die Brieftaube», einer Fachzeitschrift des deutschen Brieftaubenzüchterverbandes, in dem Fachmagazin «Taubenmarkt», außerdem im belgischen Tauben-Fachmagazin «Duifke lacht» und in der regionalen Stadtzeitung «Mittendrin». 2009 gewann er den Comic-Wettbewerb zum 60. Geburtstag des GONG-Zeitschriftenverlags. Damit wurden seine Tauben-Cartoons für ein Jahr zum festen Bestandteil verschiedener Zeitschriften des GONG-Verlags. Jede Woche liefern sich seine gefiederten Helden witzige bis absurde Dialoge in ganz menschlichen Alltagssituationen. Mittlerweile wurde der bis zur Ausgabe 25/2010 laufende Vertrag um 20 Wochen verlängert. Weitere Verhandlungen laufen.
COMIC!: Was hat dich auf die Idee gebracht, neben deinem Job als Kunstlehrer nach neuen Herausforderungen als Illustrator und Cartoonist zu suchen?
Tordi: Comics haben mich mein ganzes Leben lang begleitet. Schon während meiner Schulzeit von 1966 bis zum Abi 1979. Meine Favoriten damals waren «Donald Duck», «Asterix» und Zack aus den 70ern. Das prägt! Erst habe ich viel kopiert von Carl Barks und Albert Uderzo und dann langsam selbst Figuren entworfen. Während des Kunststudiums von 19811988 blieb man ja zwangsläufig dem Zeichnen verbunden. Der Schwerpunkt lag aber eher bei der «ernsthaften Kunst» als bei Comics und Cartoons. Erst meine Tätigkeit als Kunst- und Zeichenlehrer an einer Jugendkunstschule ab 1991 und später am Gymnasium brachten die Comics und Cartoons zurück in mein Leben.
COMIC!: Zunächst hast du Illustrationen für Buchausgaben gefertigt ...
Tordi: Von 20022004 habe ich für den Verlag Henselowsky & Boschmann vier Bücher illustriert. Zwei kleinere (Covergestaltungen) und zwei etwas größere Aufträge. Beim ersten größeren Auftrag ging es um verlorene Kinderspiele aus der Nachkriegszeit. Eigentlich gar nicht meine Zeit. Aber ich ließ mich gerne auf diese Thematik ein, recherchierte im Netz und in Bibliotheken, wie Kinder in dieser Zeit so aussahen und wie sie angezogen waren (... die Spiele waren ja durch den Autor Helmut Spiegel vorgegeben) und lieferte 15 Schwarzweiß-Illustrationen ab, die gut zu jener Zeit paßten. Im zweiten Auftrag ging es um Gedichte, deren Inhalte ich jeweils mit einer Zeichnung charakterisieren sollte. Diesmal in Farbe. Aus dieser Zusammenarbeit heraus entstammte dann die Idee, einen Ruhrgebietscomic mit originellen, charakteristischen Figuren zu entwickeln. Ich war von der Idee begeistert. Endlich würde ich den tief in mir schlummernden Humor befreien und in kleinen Bildchen unterbringen können.
COMIC!: Dieser Ruhrgebietscomic sollte dann das Comic-Album «Turteltaub und das Geheimnis der Braunen» werden. War diese Album-Idee die Initialzündung für deine Tauben-Cartoons? Wie bist du darauf gekommen, Tauben zu den Hauptfiguren deiner Cartoons zu machen?
Tordi: In einer zweijährigen Arbeit entstanden die Figur «Jupp Turteltaub» und das Szenario für ein Comic-Album. Der Ursprung meiner Taubencomics oder die Antwort auf Frage «Wie wurden die Tauben zu den Hauptakteuren der Comicstrips?» basiert tatsächlich auf den ersten Seiten des Abenteuers «Turteltaub und das Geheimnis der Braunen». Die Idee war zunächst, dem Helden Jupp Turteltaub, seines Zeichens Bergmann, Taubenliebhaber und Hobbydetektiv in Personalunion, drei Zwerge an die Seite zu stellen, die aus dem Innern des alten Bergwerks stammen und nach den Schließungen der Zechen an das Tageslicht klettern, um zu schauen, was aus den Bergleuten geworden ist, die seit Jahrhunderten in ihr unterirdisches Reich eingedrungen waren und dann auf einmal verschwunden sind. Die Zwerge sollten Jupp bei seiner investigativen Arbeit und der Lösung kleiner krimineller Vorfälle in der Siedlung helfen. Ferner gibt es noch den jugendlichen Gehilfen von Jupp Turteltaub, die Kioskbesitzerin (im Ruhrgebiet würde man sagen: die Budenbesitzerin!), den Friseur, den Wirt nebst Gattin, den Oppa ... und dann eben die Tauben, die zum Ruhrgebiet gehören wie Pommes zur Currywurst.
Ich merkte sofort, daß die Tauben in diesem Comic ein merkwürdig witziges Eigenleben annahmen und hervorragend meinen eigenen Humor nach außen tragen konnten. Das interessierte mich fortan so sehr, daß ich das Albumabenteuer erstmal zur Seite legte und kleine Taubengeschichten in Stripform erfand.
Im Februar 2006 begannen die ersten Strip-Veröffentlichungen im «Taubenmarkt», einem monatlich erscheinenden Fachmagazin für Taubensport. Während der Zeit (... bis heute!) hat sich das Aussehen meiner Tauben natürlich auch geändert oder besser gesagt: geringfügig aber schon sichtbar weiterentwickelt.