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COMIC!-JAHRBUCH 2011

Man darf sich nicht zurücknehmen
Interview mit Burkhard Fritsche

Von Klaus Schikowski

Burkhard Fritsche alias BURKH, der seit 30 Jahren Cartoons zeichnet, spricht über seine Karriere, seine Einflüsse, über den zeitgenössischen Cartoon, den Karikaturenstreit und über die Magie des ersten Entwurfs.

COMIC!: Du hast in diesem Jahr dein 30jähriges Dienstjubiläum als Cartoonist. Was muß man mitbringen, um über einen so langen Zeitraum auch erfolgreich zu sein?

BURKH: Hartnäckigkeit. Es war Anfangs noch etwas schwierig und mit wenig Geld verbunden, aber ich hatte mit Mitte 30 so etwas wie einen finanziellen Durchbruch, und seitdem muß man keine große Panik mehr haben. Weil man in der Regel keine gesicherten Arbeitsverträge hat, muß man immer wieder neue Zeitungen suchen, wo man was machen kann. Dazu braucht man Stehvermögen, Robustheit, vielleicht auch ein übertriebenes Selbstvertrauen. Es nutzt ja nicht nur eine Sache, die mal gut gelaufen ist ...
Aber es macht ja auch Spaß. Man hat die Möglichkeit, zu allem und jedem seinen Kommentar abzugeben, man ist immer mittendrin in der Diskussion um aktuelle Themen. Du kannst viele Sachen, für die du dich normalerweise interessierst, auch beruflich verarbeiten. Das ist das Tolle an der Sache. Wenn ich morgens Zeitung lese, dann ist das auch die erste Offensive, um in irgendwelche Ideen reinzukommen. Das sind die angenehmen Seiten.

COMIC!: Ist es wichtiger für einen Cartoonisten, nach all der langen Zeit sich treu zu bleiben, oder sich immer wieder neu zu erfinden?

BURKH: Es ist beides. Du darfst natürlich nicht inhaltlich springen, heute mal so und morgen mal so. Frei nach dem Motto: «Wes’ Brot ich ess’, des Lied ich sing ...» So geht es nicht. Du darfst kein Opportunist sein, mußt dir treu bleiben, aber dich formal auch immer wieder erneuern. Denn um dich herum entwickeln sich ästhetische Vorstellungen und darauf mußt du schon Rücksicht nehmen. Du kannst ja auch nicht immer wieder ein und dieselbe Perspektive zeichnen, du mußt ja auch immer wieder neue Raum- und Bildideen, kompositorische Ideen entwickeln, damit du das ganze auch glaubwürdig an die Zeitung weitergeben kannst.

COMIC!: Du hast 1980 begonnen, warst vermutlich begeisterter Zeichner, wie bist du zum Cartoon gekommen?

BURKH: Bei mir war es damit gekoppelt, daß ich genau zu diesem Zeitpunkt mit 14 Leuten das Stadtblatt Münster gegründet habe. Das hatte einen Vorläufer, an dessen Gründung ich nicht beteiligt war, aber auch dort hatte ich schon veröffentlicht. Es war ein Zusammenschluß aus einer klassischen Alternativzeitung und einer Veranstaltungszeitung. Die Fusion brachte dann das Stadtblatt hervor.
Da habe ich auch das einzige Mal in meinem Leben so etwas wie eine Festanstellung gehabt, auf der Basis einer Viertelstelle. Ich war im Prinzip mein eigener Redakteur, ich zeichnete Karikaturen, Cartoons, aber auch Comicstrips. Es war eine komfortable Situation, denn ich hatte zu entscheiden, was ich reinbringe. Aber ich hatte auch das Glück, daß ich durch das Stadtmagazin eine Bezugsgruppe um mich herum hatte, von der ich Resonanz auf die Zeichnungen bekam.

COMIC!: Als du bei dem Stadtmagazin warst, war es klar, daß du als Cartoonist deinen Lebensunterhalt bestreiten willst?

BURKH: Ja, ich hab das richtig angepeilt, mir selber eine Art Bewährungszeit gegeben um zu überprüfen, ob ich auch davon leben kann. Ich dachte mir, probier es erst mal und dann bin ich dabei geblieben, als ich die ersten Cartoons an überregionale Zeitungen verkauft habe.
Ich mußte natürlich auch schauen, daß ich woanders veröffentlichte, denn es reichte ja leider nicht aus. Es war damals auch in der Endphase der neuen Pardon. Der Titel war an den Konkret-Verlag verkauft worden, Henning Venske war der Chefredakteur, und die saßen in Hamburg. Da habe ich dann auch außerhalb des Stadtmagazins die ersten regelmäßigen Cartoons veröffentlicht.

COMIC!: Du hattest aber vorher schon gezeichnet und veröffentlicht?

BURKH: Während meiner Zivildienstzeit hatte ich auch schon ein ganzes Buch gezeichnet, das war so ein klassischer Comic von 80 Seiten. Es ging um die geplante Wiederaufbereitungsanlage in Gorleben, also auch ein politisches und ein Szenethema. Da mußte man 80 Seiten Geschichte entwickeln und Figuren beibehalten. Es war eine sehr komplexe zeichnerische Verantwortung, die ich so nicht gehabt hätte, wenn ich nur Einzelbilder gezeichnet hätte. Deswegen bezeichne ich das als eine Art Gesellenstück. Perspektivwechsel, Landschaften, Architektur mit Technik, Figuren, wechselnde Situationen, die du in einer solchen Vielfalt in einer Einzelzeichnungen nicht hast. Das ist aber eine gute Grundlage gewesen für zeichnerische Anforderung.

COMIC!: War das parallel zum Studium, denn du hast ja bildende Kunst studiert.

BURKH: Ich hatte das Studium 1978 schon vor dem Zivildienst beendet. Die hatten dort ein musisches Kunstprinzip. Technik zu lehren war verpönt, alles Handwerkliche mußte man sich selber beibringen. Da mußte ich Bilder liefern und wichtig war für die nur das Ergebnis, also das Bild an sich. Während meines Studiums habe ich zunächst kaum noch gezeichnet, sondern ich habe nur gemalt und gebildhauert, weil ich was anderes bei meinem Professor nicht unterbringen konnte. Aber mit Mitte des Studiums fing ich wieder an und habe im Vorläufer des Stadtblatt Münster regelmäßig Karikaturen veröffentlicht. Ich hatte schon als Schüler viel gezeichnet. Das Zeichnen war für mich als Kind auch schon Spieleersatz. Damals gab es ja noch nicht so viel Ablenkung wie heute. Ich habe dann alles abgezeichnet, wir hatten nicht viele Comics im Haus, aber die Heftchen aus alten Wundertüten durfte ich schon haben.

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Burkhard Ihme (Hrsg.)
November 2010
248 Seiten S/W und 4c
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