Lektüre
 Independent Comic Shop   ICOM-Publikationen   Kostenlos   Fachmagazine   Sekundärliteratur 
Das COMIC!-Jahrbuch | Das ICOM!-Handbuch | Der ICOM!-Ratgeber
FILMRISS | Das verbandseigene Fachmagazin
COMIC!-JAHRBUCH 2011

Werben für den Gratis-Comic-Tag
Interview mit Andreas Mergenthaler und Filip Kolek (Cross Cult)

Von Burkhard Ihme


COMIC!: Andreas, du bist schon seit vielen Jahren im ICOM1, und zwar zunächst in deiner Eigenschaft als Comiczeichner.

Andreas Mergenthaler: Das war noch zu Zeiten von Gerd Zimmer [ICOM-Vorstand bis 1993]. Damals als Fanzeichner, ich war aber auch schon Grafiker.

COMIC!: Deine Arbeiten als Grafiker haben die meisten von uns schon mal gesehen (zumindest das ICOM-Logo und den Schriftzug des COMIC!-Jahrbuchs). Wann hast du deinen letzten Comic gezeichnet?

Andreas Mergenthaler: Das dürfte gut zehn Jahre her sein.

COMIC!: Das hat dich aber nicht von den Comics abgebracht, denn du gestaltest schon seit Mitte der 90er Jahre die Hefte von Dino respektive Panini.

Andreas Mergenthaler: Christof Ruoss, der sich hier in Stuttgart durch Caisers sehr feine Comics und MOGA MOBO einen Namen gemacht hatte, erhielt eine Anfrage von Dino und hat die an mich weitergeleitet. Er war damals wohl auch schon auf dem Sprung nach Spanien [als Mitarbeiter und mittlerweile Leiter des Studios COMICON in Barcelona2]. Dino startete 1995 gerade mit den «Batman Adventures». Und die gute Zusammenarbeit besteht auch heute noch, obwohl die Dino entertainment AG 2003 von Panini aufgekauft wurde.

COMIC!: Ist Panini dein wichtigster Auftraggeber, zumindest im Comicbereich?

Andreas Mergenthaler: Wir arbeiten auch für Carlsen und Salleck Publications und im Magazinbereich für Blue Ocean, der Hauptanteil ist aber die Gestaltung der Panini-Titel. 

COMIC!: Und was sind da eure Arbeitsbereiche?

Andreas Mergenthaler: Die Hauptaufgabe ist das Lay-outen von Kinder- und Jugendmagazinen. Für Carlsen scannen, retuschieren und lettern wir einige Manga-Reihen. Solche Arbeiten läßt Panini in Italien erledigen. Wir lettern für sie nur «Star Wars» und «Simpsons», keine Superhelden.

COMIC!: Bei «Batman Adventures» sah das noch anders aus?

Andreas Mergenthaler: Das war noch im analogen Zeitalter. Da wurde noch das Handlettering auf Transparentpapier geliefert und mußte mit dem Druckfilm zusammenkopiert werden, amerikanische Headlines und z. T. auch Soundwords wurden in der Repro mühselig retuschiert. Das war noch sehr umständlich. Seitdem das alles in Italien digital gemacht wird, ist für uns natürlich ein Arbeitsgebiet weggefallen, dafür sind andere dazugekommen.

COMIC!: Du bist aber auch schon früh verlegerisch tätig geworden. Wann erschien euer erstes FILMRISS-Heft?

Andreas Mergenthaler: Das war im Juni 1992. Holger Bommer und ich haben darin unsere eigenen Comics veröffentlicht, aber auch Bekannte, vor allem aus dem Stuttgarter Raum, angesprochen. Es sind dann im unregelmäßigen Abstand fünf A-4-Hefte erschienen, 2002 gab es in Zusammenarbeit mit dem ICOM noch mal vier Hefte im US-Format (da war dann Holger Bommer allein für die Redaktion zuständig). Im fünften (alten) Heft war dann auch ein Comic von Mark Badger, den ich in San Diego auf dem Comic-Con kennengelernt hatte, enthalten. Und da entstand auch schon die Idee auf, sich selber um amerikanische Lizenzen zu kümmern und zu kaufen.

COMIC!: Euer Verlag Amigo Comics wurde 1999 in Gringo Comics umbenannt, weil ihr auf der ComicAction einen Stand hattet und auf der SPIEL99, in deren Rahmen diese Messe stattfand, ein gleichnamiger und älterer Spieleverlag vertreten war. Dein Grafikstudio Amigo Grafik war aber nicht davon betroffen.

Andreas Mergenthaler: Da wir unter diesem Namen nicht verlegerisch tätig waren, mußten wir da keine Rücksicht nehmen.

COMIC!: Wann und warum hat sich dann Cross Cult von Gringo Comics abgespaltet?

Andreas Mergenthaler: Das hat sich so entwickelt, da Holger mit den einheimischen Zeichnern arbeiten wollte, ich amerikanische Lizenzen verwerten. Wir geben aber noch einen gemeinsamen Newsletter heraus. Der erste Cross-Cult-Band erschien 2001. Da wir für andere Verlage gearbeitet haben, wußten ich und mein Kompagnon Hardy Hellstern, daß das Verlegen, auch im professionellen Rahmen, kein Hexenwerk ist. Ich war schon lange ein großer Fan von Mike Mignola, und als Extrem Erfolgreich Enterprises 2000 ihre «Hellboy»-Heftreihe einstellte, haben wir uns ein neues Veröffentlichungsformat – schwarzweiß, DIN A5, Hardcover – dafür ausgedacht.

COMIC!: Wie wichtig war für euch die anstehende Verfilmung durch Guillermo del Toro?

Andreas Mergenthaler: Das war für uns eine große Hilfe. Die Bücher wurden zwar auch so sehr gut angenommen, aber der Film, obwohl er kein Blockbuster war, hat die Figur weit über den bisherigen Leserkreis hinaus bekannt gemacht.

COMIC!: Ich hatte immer den Eindruck, daß diese Cross-Media-Unterstützung ein wichtiger Baustein der Cross-Cult-Philosophie ist. Hättet ihr «Hellboy» ohne den Film gebracht?

Andreas Mergenthaler: Das hätten wir auch so gemacht. Ich hielt das einfach für eine wichtige Serie und hatte einige Schwarzweiß-Original-Illustrationen von Mignola zu Hause an der Wand hängen. Warum sollte das also nicht auch so funktionieren. Dark Horse hat mitgespielt und war auch sehr zufrieden, so daß die Rechte auch bei uns blieben, als der Film 2004 dann tatsächlich rauskam (die Gerüchte kursierten schon lange vorher).

COMIC!: «Sin City» war in Deutschland schon von Carlsen und Schreiber & Leser verlegt worden. Hättet ihr euch ohne den Film als dritter Verlag an den Stoff gewagt?

Andreas Mergenthaler: «Sin City» ist uns angeboten worden, da Dark Horse eine Neuedition in «unserem» Format plante. Auch wenn die Übernahme der Serie also nicht unsere eigene geniale Idee war, war es doch ein großes Glück für uns.

COMIC!: Ihr habt aber auch Comics mit Medienunterstützung verlegt, die nicht zu Bestsellern wurden. «24» und «The Surrogates» zum Beispiel.

Andreas Mergenthaler: Die Pressearbeit ist mit Filmunterstützung natürlich viel einfacher, das hat sich nicht nur bei «Hellboy» und «Sin City» gezeigt. Aber wenn die Filme dann nicht so erfolgreich laufen, verpufft das ein wenig. So schlecht hat sich «24» allerdings nicht verkauft. Auch wenn Comics, die auf Filmen basieren, eher Fließband-Produktionen sind, keine Autoren-Comics, in die viel Herzblut fließt.


1 Laut ICOM-Unterlagen seit Dezember 1989
2 Siehe dazu das Interview mit Christof Ruoss in COMIC!-Jahrbuch 2009

Auf den Geschmack gekommen?
Weiterlesen im COMIC!-Jahrbuch 2011
Links zum Artikel

www.gratiscomictag.de
www.freecomicbookday.com
Spiegel.online
Welt.de

Übersicht der Linklisten
  Alle Jahrbücher
Comic Jahrbuch 2011
Comic Jahrbuch 2010
Comic Jahrbuch 2009
Comic Jahrbuch 2008
Comic Jahrbuch 2007
Comic Jahrbuch 2006
Comic Jahrbuch 2005
Comic Jahrbuch 2004
Comic Jahrbuch 2003
Comic Jahrbuch 2001
Comic Jahrbuch 2000
COMIC!-Jahrbuch 2011
Burkhard Ihme (Hrsg.)
November 2010
248 Seiten S/W und 4c
EUR 15,25
BESTELLEN