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COMIC!-JAHRBUCH 2010

Preisträger 2009 herausragendes Artwork:
«Der Schicksalsgnom»
von Robert Mühlich und Bastian Baier

Interview von Carmen Jonas

COMIC!: Was versetzt einen Informatiker und einen Mediengestalter in die Welt der Comics, der Cartoons und der Illustrationen?

Robert Mühlich: Bastian und ich haben schon in unserer gemeinsamen Schulzeit die Hefte vollgekritzelt. Zu dem Zeitpunkt war noch nicht daran zu denken, daß ich mal Informatiker werden sollte. Natürlich habe ich auch schon in meiner frühsten Kindheit mit dem Comiclesen begonnen. Micky Maus, «Clever & Smart», «Asterix», «Garfield» und ein paar zerfledderte Ausgaben von MAD gehörten zu meiner damaligen Sammlung. Letzteres motivierte Bastian und mich, ein eigenes Satiremagazin zu schreiben und zu zeichnen. Es entstanden sogar zwei Ausgaben von Würg. Allerdings nur für die Schublade. Eine Veröffentlichung kam uns damals – die Hefte entstanden zwischen 1996 und 1998 – gar nicht in den Sinn. Wir waren Kinder. Bei uns gab es noch kein Internet, und letztlich fehlte uns auch noch das Selbstvertrauen. Nach der Schule folgte dann eine gewerbliche Ausbildung zum Energieelektroniker. Man will ja was Handfestes lernen und Geld verdienen. Nach der Ausbildung kam dann eine Weiterbildung zum Informatiker. Das Hobby Comics lief dabei mal mehr, mal weniger intensiv nebenher. Ja, und 2003 haben wir erstmals in einigen lokalen Comic-Magazinen veröffentlicht und etwa zeitgleich mit der Arbeit am «Schicksalsgnom» begonnen.

Bastian Baier: Der Spaß am Zeichnen und Geschichten erzählen. Und welches Medium vermag dies beides so wunderschön zu kombinieren? Nicht mal der Film bietet die Möglichkeiten, die der Comic hat. Dabei ist es vollkommen egal, welchen beruflichen Werdegang man hat.

COMIC!: Welches Derivat versteckt sich in deinem Künstlernamen/Pseudonym Groobert, außer Robert?

Robert Mühlich: Mitte 2005 meldete ich mich bei www. comicforum.de an und suchte einen Nickname. Er sollte was mit meinem Namen und Comics zu tun haben. Da ich ein großer Fan von Sergio Aragonés bin und auch die deutschen Ausgaben von «Groo» im meinem Schrank stehen, entschied ich mich für Groobert. Daß der Name auch zu meinem Pseudonym wurde, lag hauptsächlich daran, daß Bastian «lapinot» verwendet und wir dadurch unterscheiden wollen, welche Arbeiten wir gemeinsam produziert haben und für welche jeder allein geradestehen muß.

COMIC!: Wie sehen die Arbeiten aus, die du in MAD, im Comicforum, bei Inkplosion, in JAZAM etc. veröffentlichst?

Robert Mühlich: Diese Plattformen nutze ich momentan sehr zum Experimentieren, um irgendwann meinen ganz persönlichen Stil zu finden. Leider hat sich der noch nicht so ganz herauskristallisiert. Mich inspirieren ständig die unterschiedlichsten Sachen, und ich würde infolgedessen gerne selbst was in diesem oder jenem Stil machen. Inhaltlich macht es einfach Spaß, sich zu einem Thema oder völlig frei etwas auszudenken. Bislang waren die Ergebnisse meist humoristischer Art, aber irgendwann möchte ich auch mal was Ernstes machen, was ich persönlich als schwieriger erachte.

COMIC!: Und was haben Lewis Trondheim, sein Herr Hase Lapinot und Bastian Baier für Gemeinsamkeiten?

Bastian Baier: Lewis Trondheim ist schuld daran, daß ich mich intensiver mit dem Medium Comic beschäftigt habe. Meine ersten Comicalben waren zwei Bände von «Herrn Hases haarsträubende Abenteuer», die ich mir «blind» kaufte. Das war im Jahr 2001. Gar nicht mal so lange her. Ich hab mich zwar schon vorher für Comics interessiert, kannte allerdings nur das, was auch in unmittelbarer Griffnähe war. Was aber diese beiden Bände anging: Sie haben mich total begeistert. Ich war fasziniert vom einfachen Strich und der Lebendigkeit der Charaktere. Ich wußte vorher nicht, daß Comics so großartig sein können. Das hat mich unglaublich motiviert. Darum: Lapinot, so der Name des Hasen der mir gewissermaßen die Tür in die Comicwelt gewiesen hat.

COMIC!: Auf deiner Netzseite veröffentlichst du dein Comic-Tagebuch. Mittlerweile ein beachtliches Werk. Wo veröffentlichst du deine Arbeiten sonst noch?

Bastian Baier: Das war früher mal mehr. Mittlerweile beschränke ich mich auf die Umsetzung des Web-Comics auf krawall.de und den ein oder anderen Comic für Independent-Projekte wie z.B. Jazam oder das COMICGATE MAGAZIN. Die meiste Zeit versuche ich aber für das nächste Comicbuch aufzuwenden.

COMIC!: Wer hat euch künstlerisch inspiriert und geprägt?

Robert Mühlich: Mich haben vor allem Jim Davis («Garfield»), Sergio Aragonés («Groo», MAD) und das damalige MAD-Magazin geprägt. Heute werde ich von zahllosen Künstlern inspiriert. Lewis Trondheim («Herrn Hases haarsträubende Abenteuer»), Manu Larcenet («Der alltägliche Kampf»), Tim Burton («Nightmare before Christmas»), um nur einige zu nennen.

Bastian Baier: Ganz klar: Jim Davis, Sergio Aragonés und Lewis Trondheim. Mein Stil ist, denke ich, eine Mischung aus diesen Einflüssen.

COMIC!: In «Der Schicksalsgnom» , eurer ersten großen Arbeit, habt ihr ein feines Stück Fantasy-Abenteuer in Bild und Wort erzählt. Und das auf 164 Seiten plus Zusatzmaterial. Was hat euch zu diesem Mammutwerk bewogen?

Robert Mühlich: 2003 hatten wir bereits den einen oder anderen S/W-Comic bei lokalen Magazinen veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Heim-PCs so leistungsfähig, daß praktisch jeder mit den entsprechenden Programmen in hohen Auflösungen am Rechner ruckelfrei kolorieren konnte. Also fragten wir uns, ob es uns nicht möglich wäre, einen Comic in Farbe zu machen, wenn Bastian zeichnen würde und ich kolorierte. Um das Unterfangen realistischer zu gestalten, legten wir den Umfang zunächst auf 20 Seiten fest.

Bastian Baier: Der Versuch, eine durchgehende Geschichte in Farbe zu erzählen. Was letztlich daraus geworden ist, hat uns beide überrascht.

COMIC!: Wie habt ihr dafür einen Verlag gefunden?

Robert Mühlich: 2004 erfuhr ich im Internet, daß die Leipziger Buchmesse auch über eine Halle mit Comics verfügt. Hals über Kopf erstellten wir eine Präsentationsmappe, informierten uns über die dort austellenden Verlage und verschickten E-Mails, um eventuell direkt einen Termin zu bekommen. An dem Tag, an dem wir dann nach Leipzig fahren wollten, war ich leider etwas kränklich. Ich wollte aber nicht, daß die ganze Vorbereitung umsonst gewesen war, und so fuhren wir. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Es war ein extrem kalter Tag, und wir liefen mit dicken Winterjacken unterm Arm ziemlich unsicher über das Messegelände und hielten nach möglichen Ansprechpartnern Ausschau. Irgendwann nahmen wir dann unseren ganzen Mut zusammen und sprachen die ersten Verleger an. Die Reaktionen der ersten Verlage waren sehr positiv. Allerdings wurde uns auch gesagt, daß es aus diesem oder jenem Grund bei ihnen nicht klappen würde. Dann steuerten wir den Achterbahn Verlag an, und dessen Reaktion haute uns beinahe aus den Socken. Andreas Hahn-Heinrichs lachte beim Lesen der Comicseiten herzhaft und wollte mehr über das Projekt und uns wissen. Am Ende tauschten wir Visitenkarten aus und verabredeten uns für den Comicsalon in Erlangen. Vielleicht könnte man dort weitere fertige Seiten zeigen und von Verlagsseite aus schon mehr sagen. In Erlangen gingen wir noch mal von vorne mit einer Mappe auf Verlagstour. Und natürlich schauten wir auch beim Achterbahn Verlag vorbei. Das Interesse war nach wie vor hoch, und man versprach uns, das Projekt bei der nächsten Verlags-Konferenz vorzustellen. In den Folgewochen fand ein reger Austausch per E-Mail statt, und irgendwann flatterte der Verlagsvertrag in den Postkasten. März 2005 erschien dann der erste Band «Melkriets Prophezeiung» im Albenformat beim Achterbahn Verlag.

Bastian Baier: Dann fusionierte Achterbahn mit einem anderen Verlag, und der «Gnom» wurde daraufhin eingestellt. Wir waren schon mitten in den Arbeiten am zweiten Band und wollten nicht alles hinwerfen. So machten wir uns wieder auf die Suche nach einem neuen Verlag und wurden beim Zwerchfell Verlag fündig. Dessen Idee war es auch, die Geschichte in einem Buch herauszubringen. Zum Comicsalon Erlangen 2008 erschien dann die komplette Geschichte von «Der Schicksalsgnom» in einem 164 Seiten starken Hardcover-Buch.

Auf den Geschmack gekommen?
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Links zum Artikel

www.comicforum.de
www.groobert.de
www.lapinot.de
www.schicksalsgnom.de
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Burkhard Ihme (Hrsg.)
Oktober 2009
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