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COMIC!-JAHRBUCH 2010

Das späte Debüt des David Norman
Vom Storyboard zum Comic

Von Michael Hüster

Seit vielen Jahren ist David Norman (Jahrgang 1954) als erfolgreicher Grafiker, Illustrator und Maler bekannt. Jetzt überrascht er mit seinem ersten Comic-Album «Luna, Hektor und der Professor: Der Schatz von Aschkor». Für David war das Comic-Projekt eine Herzensangelegenheit und so machte er sich im Sommer 2007 ans Werk, um seinen lang gehegten Wunsch, ein Comic-Album fertig zu stellen, in die Tat umzusetzen.

COMIC!: Du bist in Irland geboren und aufgewachsen. Wie und wann bist du nach Deutschland gekommen? 

David Norman: Mit etwa 14 oder 15 Jahren, als ich noch in der Schule war, wurde mir klar, daß ich später im grafischen Bereich arbeiten wollte. Parallel zur Schule begann ich dann ein Abendstudium in Graphik Design. Ich war der einzige auf der Schule, der Kunst im irischen Leaving Certificate (entspricht etwa dem Abitur) ablegen wollte. Also durfte ich zweimal in der Woche allein in einem leeren Klassenraum ohne Lehrer studieren! Im Zeichnen fühlte ich mich schon sicher, aber die Geschichte der Kunst ohne Lernanleitung war eine Herausforderung für einen 17-jährigen. Du kannst dir vielleicht vorstellen, wie viel der Manierismus oder Chiaroscuro mir damals bedeutete – ich war scharf auf die Zeichnungen von Frazetta, Alfons Mucha und «Dax The Warrior»! Nach dem Leaving Certificate habe ich ein Examen für die Aufnahme an der irischen Kunstakademie abgelegt. Mein Studium dort habe ich jedoch mitten im zweiten Jahr abgebrochen, um in der Werbung zu arbeiten. Die Dozenten kamen mir vor wie Gestalten aus dem 19. Jahrhundert, die kurz vor dem Unterricht aus der Gruft gehievt und aufgewärmt wurden. Ich habe neulich mit einem Art Director in Oregon zu tun gehabt, der zufällig am gleichen Institut studiert hatte, und er war von diesem begeistert. Vielleicht lag es an mir ... oder daran, daß er ein paar Jahre später als ich dort studierte. Nach einigen Jahren als Grafiker in verschiedenen Werbeagenturen wurde mir klar, daß der irische Markt sehr klein war. Irland hatte damals eine Bevölkerung von ungefähr 3,5 Millionen Menschen. Um an größeren Etats bei größeren Werbeagenturen arbeiten zu können, müßte ich auswandern, wie es unzählige Iren vor mir gemacht hatten. Da ich aber ein Querkopf bin, wollte ich nicht wie die anderen nach Großbritannien oder in die USA umsiedeln. Also habe ich mir selbst einen Kassettensprachkurs in Deutsch zu meinem 21. Geburtstag geschenkt. Bald darauf befand ich mich in Regensburg, wo ich als Designer arbeitete. Mein Deutschsprachkurs nutzte mir dort wenig, denn ich verstand nur Bahnhof. Das war 1977, und ich war 22 Jahre alt. 

COMIC!: Was war dein Beweggrund als erfolgreicher Grafiker, Illustrator und Maler, nun etwas völlig anderes wie Comics zu machen? Werbeillustrationen sind ja nun deutlich besser bezahlt.

David Norman: Danke für die schmeichelhafte Beschreibung. Ich wollte immer ausprobieren, wie ich in verschiedenen Medien zurechtkommen würde. Das war einer der Gründe für eine Serie von Ölgemälden und warum ich auch Schulbücher für Klett illustriert habe. Ich habe in einem neuen Arbeitsfeld jedes Mal festgestellt, wie beschränkt meine Fähigkeiten sind. Comics waren meine erste Liebe, und jeder weiß, was das bedeutet! Ich erinnere mich aus meiner Kindheit an den Geruch des Papiers der alten Detective Comics mit Batman, gezeichnet von Bob Kane, an die Dell-Hefte mit Bugs Bunny, Daffy Duck und seinen Freunde und auch an die britischen Comics der 60er Jahre: Beezer, Topper, Beano und natürlich The Eagle mit «Dan Dare, Pilot of the Future», gezeichnet von Frank Hampson. Nun arbeitete ich so lange für die Werbung, daß es an der Zeit war, einen lang gehegten Wunsch in die Tat umzusetzen, nämlich ein Album zu konzipieren und zu zeichnen.

COMIC!: War es schwierig, sich auf das Medium Comic umzustellen?

David Norman: Ja. Ein langes Storyboard oder ein Animatic besteht aus 20 bis 40 Frames, und die Handlung dient ausschließlich der Förderung einer Dienstleistung oder dem Verkauf eines Produkts. Für ein Album mußte ich mich von einem Sprinter zu einem Marathonläufer verwandeln, Charaktere entwickeln, eine Handlung mit Wendungen und Gags konzipieren und alles in Seiten so aufteilen, daß der Seitenumbruch sinnvoll, beziehungsweise spannend war. Meine Erfahrung aus dem Storyboardbereich mit Kameraeinstellungen konnte ich aber auf die Panellayouts gut übertragen. 

COMIC!: Was war zuerst da, deine Idee zu «Der Schatz von Aschkor» oder die Verbindung zum Epsilon-Verlag?

David Norman: Oh, das war das Abenteuer um den «Schatz von Aschkor»! Erst nachdem ich das Szenario geschrieben, das Ganze in 52 Seiten skizziert hatte und sehen konnte, daß die Sache Hand und Fuß hatte, habe ich den Epsilon-Verlag per Mail kontaktiert. Das war mein erster Kontaktversuch zu einem deutschen Comicverlag, und ich war angenehm überrascht, als Mark O. Fischer eine positive Antwort gab. Erst später erfuhr ich, daß der Epsilon-Verlag daran interessiert ist, neue Werke aus Deutschland zu verlegen. Ein glücklicher Zufall!  

COMIC!: Wie entstand die Story-Idee zum Comic?

David Norman: Als meine zwei Jungen klein waren, habe ich ihnen abends viele selbsterdachte Geschichten erzählt. Die Hauptprotagonisten waren zwei Jungen und ein Professor. Ich merkte, wie die Kinder sich an manchen Stellen aufregten, lachten oder vor Spannung beinahe platzten. Das war für mich ein sehr schönes Erlebnis, und ich machte von einigen der Abenteuer einen Spickzettel. Es lag auf der Hand, daß ich zur Verwirklichung meines Comic-Traums ein paar Jahre später eine dieser Storiys verwenden mußte.   

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Burkhard Ihme (Hrsg.)
Oktober 2009
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