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COMIC!-JAHRBUCH 2009

«Auf das Timing kommt es an!»
Ein Interview mit Gerd Hahn

Von Heiner Lünstedt


Mit «Asterix in Amerika», «Die Abrafaxe unter schwarzer Flagge» und gleich dreimal «Werner» dienten Gerd Hahn erstaunlich oft Comics als Vorlage für seine Zeichentrickfilme. In einem von Juli bis August per E-Mail geführten Interview erzählt der Trickfilm-Regisseur und -Produzent sehr lebendig von seinen ersten Gehversuchen als Trickfilmer, davon wie er Benjamin Blümchen den aufrechten Gang beibrachte, aber auch von den nicht völlig unrosigen Berufsaussichten für deutsche Animatoren.

COMIC!: Hat es in Ihrer Jugend ein entscheidendes Erlebnis gegeben, das Sie für das Medium Trickfilm begeistert hat?

Gerd Hahn: Na klar! Jerry plättet Tom mit einer Dampfwalze flunderflach, aber der Tod dauert nur 36 Bilder. PLOPP! – und schon rennt der animierte Wüterich wieder hinter der Maus her. Wie in alten Warner-Cartoons alle physikalischen Gesetze gebrochen wurden, das fand der kleine, immer schon starre Regeln hassende Dickkopf Gerd Hahn schwer beeindruckend.

COMIC!: Es waren also eher die wilden Cartoons als die abendfüllenden braven Disneyfilme, die Sie beeinflußt haben?

Gerd Hahn: Genau! Das anarchische Element der Warner-Brothers-Cartoons fand ich erheiternd; die «Illusion of Live» in zuckersüßer Disney-Perfektion hat mich eher gelangweilt. Daß ich dann als Auftragnehmer gezwungen war, mit tumben Elefanten, ostdeutschen Naseweisen und gallischen Haudraufs mit schlechten Drehbüchern zu Mini-Budgets Disney für Arme machen zu müssen, ist tragisch-komisch. Immerhin hab ich so das Handwerk gelernt. Ach, übrigens: Die immergleiche, vorhersehbare Dramaturgie der «Chase and run»-Cartoons, die ja gerade fröhlich Urstände feiert bei Pixar, geht mir heute auch ziemlich auf die Nerven.

COMIC!: Sie haben dann in den «Werner»-Filmen einige schöne cartoonige Szenen geschaffen. Insbesondere der erste «Werner»-Kinofilm hatte neben der öden Realfilm-Rahmenhandlung lustige, kleine in sich abgeschlossene Cartoons. Das Erarbeiten dieser Trickfilm-Einschübe war für Sie sicher interessanter und spaßiger als das Erzählen einer durchgehenden und langen Geschichte in den dann folgenden «Werner»-Filmen?

Gerd Hahn: Natürlich! Aber eigentlich bin ich nur auf sehr wenige Szenen in den «Werner»-Filmen stolz. Die Fußballszene auf dem Marktplatz z. B.; Timing, Bildaufteilung – das gefällt mir heute noch. Schade, daß die «Werner»-Filme allesamt mit schlechten Drehbüchern gemacht werden mußten. Ich mochte vor allem die liebenswürdigen, eher leisen, emotionalen Momente, – z. B. in der Beziehung Werner und Eckat zum Meister Röhrich und seiner Frau – Brösel schaut ganz genau hin, hat ein fantastisches Gespür für Komik. Leider ging das unter in den krachledernen Sottisen über Yamaha-Fahrer, der Kultisierung des Saufens, dem Benzinkult. Inzwischen scheint seine Zeit vorbei zu sein. Ich glaube aber, Brösel ist noch für eine Überraschung gut. Ich sehe keine neuen Talente in Deutschland, die sein Format haben – Ralf Ruthe ist ein ähnlich schneller Schweller beim Kalauer, ihm geht aber in der narrativen Disziplin noch die Puste aus.

COMIC!: Der vierte «Werner»-Film entstand ohne ihre Beteiligung. Was war da los?

Gerd Hahn: Ich will hier keine vergilbte Wäsche waschen. Sagen wir es so: Ich bin bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Da verliert man schon mal einen Film.

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