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COMIC!-JAHRBUCH 2008

Bester Independent Comic:
«Meister Lampe» von Mawil

Von Stefan Pannor


TEUFEL & PISTOLEN

Was wie ein Fluch klingt, ist rückblickend eigentlich eines der charmantesten und spannendsten Experimente der jüngeren deutschen Comicgeschichte. Unter dem Titel «Teufel & Pistolen» veröffentlichten Andreas Michalke, Fil, Mawil und Oliver Naatz 2003/04 acht kleinformatige Hefte im Eigenverlag. Zum Abdruck in den acht Heften, die jeweils nur einen Euro kosteten, kamen neben Comics der Herausgeber auch Gastbeiträge etwa von Calle Claus und Piwi (d.i. Christopher Tauber).
Nur zwei Comics haben die viel zu kurzlebige Reihe überlebt: «Unser Pauker Dr. Ehrhard» von Naatz taucht immer mal wieder an den unerwartetsten Stellen auf. Und «Meister Lampe», dem überraschend 2006 der Sprung in die WELT KOMPAKT gelang, einem Ableger der WELT.Von Januar bis April 2006 erschienen dort insgesamt achtzig Folgen der launigen Serie jeweils von Montag bis Freitag.

«Meister Lampe» war eine weitere Geschichte um eine von Mawils Hauptfiguren, den kleinen Hasen, der unter dem Alias «Hasi» oder «Superhasi» auch schon die Hauptrolle in «Strandsafari» und «1000 Blumen sind ein Garten» (in «Geschichten aus dem Comicgarten») spielte. Der Hase stellte hierbei einen ausgesprochen unglücklichen Elektriker dar, der nicht nur nichts repariert bekommt, sondern zudem auch mit dem Fluch belastet ist, daß alle Elektrogeräte in seiner näheren Umgebung kaputtgehen – wovon der Hase selbst scheinbar am wenigsten weiß.
Für Mawil-Leser stellten die Strips eine Überraschung dar. War der Berliner Zeichner bis dahin doch eher durch längere und lange Geschichten aufgefallen. Kaum bekannt dagegen sein Engagement für das AOK-Jugendmagazin JO. Seit einigen Jahren liefert er zweimonatlich den Onepager «Die Clique» für das Heft ab – witzige Mini-Jugendabenteuer um zwei Jungs und zwei Mädchen (ursprünglich sollte auch ein sprechender Hase mitspielen, aber das wurde Mawil nicht gestattet).
«Meister Lampe»: ein Strip mit Folgen. Inzwischen zeichnet Mawil auch einmal im Monat eine kleine Comic-Sonntagsseite für den Berliner TAGESSPIEGEL. Wie es zu den Strips kam, was Mawil an der kürzeren Form reizt und wieso es ausgerechnet ein Hase sein muß, erzählt er im Interview.


COMIC!: Erzähl bitte einfach, wie es zur Figur und zur Serie des «Meister Lampe» kam.

Mawil: Ich weiß gar nicht mehr, wann genau ich die Idee hatte. Wir – Fil, Reinhard Kleist und Andreas Michalke – hatten damals bei uns im Studio ab und zu Versuche gemacht mit 24- und 12-Stunden-Comics. Zuerst hatten wir die offizielle 24-Stunden-Comic-Session, später schoben wir noch eine 12-Stunden-Session nach. Und ich wollte auf letzterer nicht schon wieder so ein langes Buch anfangen, wie ich es bei dem 24-Stunden-Comic getan hatte. Also probierte ich mit ein paar kleinen Strips rum, weil ich mich immer schon mal in dem Format der Zeitungscomics versuchen wollte.
Die Idee mit dem Hasen als Elektriker hatte ich wahrscheinlich schon vorher. Mit dem Hasen mache ich ja viele Geschichten. Und das Wortspiel mit «Meister Lampe» und dem Elektriker paßte halt so schön. Ich habe dann während der Session vielleicht so zwölf Strips gemacht. Und dann in den nächsten Tagen noch ein paar mehr. Aber irgendwann wurde mir das langweilig, und da hab ich was neues angefangen.
Das waren dann insgesamt fünfzehn fertige Strips. Die hab ich dann, weil sie bei mir nur rumlagen, in TEUFEL & PISTOLEN untergebracht. Das war eine kleinformatige Heftreihe, die wir damals in unserem eigenen Verlag veröffentlicht hatten. Die Strips erschienen in Heft drei der Reihe. Und damit war die Sache erstmal für mich erledigt.
Das ruhte dann ein, zwei Jahre. Irgendwann machte dann die WELT KOMPAKT als Ableger der WELT auf. Die müssen in der Redaktion einen Comicfan haben, weil sie relativ oft Comicthemen auch weit vorn im Blatt haben. Jedenfalls wollten sie von Anfang an auch Comics abdrucken und hatten sich als erstes «Das Land der drei Lächeln» von Trondheim ausgesucht. Irgendwann stellten sie panisch fest, daß sie fast die ganze Serie abgedruckt hatten und neues Material brauchten. Da haben sie Dirk Rehm gefragt, ob es noch anderes brauchbares Material gäbe. Der hatte dann die Idee, denen «Meister Lampe» anzubieten. Daraufhin habe ich davon schnell noch ein paar mehr Strips gemacht und die alten Strips etwas verbessert. Und später habe ich mich immer mit ein, zwei Wochen Vorsprung hingesetzt und weitere Folgen gezeichnet. Natürlich nicht täglich, sondern an manchen Tagen zwei und an anderen keine.

COMIC!: Die ersten Strips hast du wirklich an einem Tag runtergerissen?

Mawil: Ich habe so zwölf, dreizehn Stück runtergerissen am ersten Abend. Es war ja eine Zwölf-Stunden-Session. Das Zeichnen geht bei mir ja immer relativ schnell. Was lange dauert, ist das Ausbessern der Fehler danach und das Einfügen der Graustufen am Rechner. Richtig vollendet habe ich die ersten Strips, als die Veröffentlichung in TEUFEL & PISTOLEN anstand. Ich brauche immer einen konkreten Anlaß, weil ich zu faul bin, Sachen auf Verdacht vorzuproduzieren.

COMIC!: In Teufel & Pistolen» kam dann die Erstfassung zum Abdruck, in der WELT KOMPAKT eine bearbeitete Zweitfassung?

Mawil: Genau. In der zweiten Fassung gibt es nochmal einige kleinere Änderungen, etwa daß das Mädchen in den Strips eine Locke mehr hatte, daß ihre Strümpfe ein paar Zierstreifen hatten. Außerdem habe ich ein paar mehr Graustufen eingefügt. Die WELT KOMPAKT hat dann zuerst die veränderten Versionen der alten Strips aus TEUFEL & PISTOLEN abgedruckt. Alles, was danach dort erschien, war aber exklusiv. Die veränderte Fassung kam dann auch in das «Meister Lampe»-Buch.

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Burkhard Ihme (Hrsg.)
Oktober 2007
248 Seiten S/W
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