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COMIC!-JAHRBUCH 2007

Sonderpreis der Jury für eine bemerkenswerte Comicpublikation:
Ulli Lust: www.electrocomics.com

Ein Interview von Marius von der Forst

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Was wäre, wenn es am Kiosk keine Comichefte mehr gäbe? Und man stattdessen seine monatliche Sucht nach den Bild-Geschichtchen übers Internet stillen müßte? «Papier wird nicht verschwinden», behauptet die Berliner Comiczeichnerin Ulli Lust. «Das Trägermedium Papier wird jedoch an Attraktivität verlieren.»
Und dies erkennt man schon seit längerem: Denn zum Beispiel schrumpft die Fanzine-Szene immer weiter und das Internet wird mehr und mehr Anlaufstelle für Comicmacher und -konsumenten. Aber wie kann man sich als Newcomer im riesigen Web-Dschungel zurechtfinden, wenn man seinen Comic nirgendwo an den Mann (oder an die Frau) bringen kann?
Eine Lösung wäre die Website www.electrocomis.de. Ulli Lust hat mit einigen Independent-Künstlern diese Internetseite im Juni 2005 aus dem Boden gestampft. Erfolgreich, wie es scheint: Nur ein Jahr darauf durfte sie den «Sonderpreis der Jury für eine bemerkenswerte Comicpublikation» des ICOM Independent Comic Preises empfangen.

COMIC!: Ulli, du gehörst eher zur deutschsprachigen Independent-Comicszene, deswegen werden einige deinen Namen sicherlich hier zum ersten Mal hören. Erzähl doch mal etwas über dich. Woher kommst du? Wie kommst du an Comics? Was machst du so derzeitig?

Ulli Lust: Ich komme aus Österreich, lebe seit 1995 in Berlin und habe hier erst angefangen, Comics zu zeichnen. Ich bin nach Berlin gekommen, um Illustration zu studieren. In Wien hatte ich mich an der Kunsthochschule beworben, aber dort gibt es die Politik «wir nehmen keine Leute mit narrativen Inhalten in der Mappe».Nun waren meine Zeichnungen aber immer schon erzählerisch. In Wien habe ich am Theater gearbeitet und Kinderbücher gezeichnet, inspiriert durch meinen damals kleinen Sohn.
An der Kunsthochschule Berlin-Weißensee haben Kommilitonen wie Kai Pfeiffer, Mawil, Tim Dinter, Kathi Käppel und Jens Harder sowie ich die Gruppe Monogatari [siehe www.monogatari.de] gegründet. Mit unserem Band «Alltagsspionage – Comicreportagen aus Berlin» hatten wir einen guten Einstand in der Comicszene. Comicreportagen sind nach wie vor ein wichtiger Bereich meiner Arbeit, die Gruppe Monogatari hat sich kurz nach Ende unseres Studiums wieder aufgelöst. Wie das eben so ist.
Comics habe ich früher – außer erotische Comics – keine gelesen. Es gab einfach nicht die Inhalte, die mich interessierten. Das ändert sich glücklicherweise.
Außerdem bin ich kein Freund von Kurzgeschichten und lese am liebsten 600seitige Bücher. Sowas ist im Comic selten!

COMIC!: Jetzt wissen wir etwas mehr über dich. Aber eine Frage fehlt noch: Womit verdienst du deine Brötchen?

Ulli Lust: Ich verdiene mein Geld mit Comicreportagen oder Auftragscomics wie zum Beispiel für eine Bank oder für eine Konzertagentur. Ansonsten bekomme ich Stipendien und gebe Seminare zum Thema Comiczeichnen und Comicreportagen.

COMIC!: Hast du denn den Pfad als Kinderbuch-Illustratorin komplett verlassen?

Ulli Lust: Meine Themen haben sich geändert. Aufgehört habe ich aber, weil ich damals dachte, als Kinderbuchillustratorin kann man nicht überleben. Ich habe drei Bücher gemacht, davon wurden 14.000 Exemplare verkauft, aber für den Kinderbuchmarkt waren das keine Bestseller.
Heute mache ich einen Kindercomic für eine Bank. Der ist besser bezahlt als alles, was ich bisher gemacht habe.



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Burkhard Ihme (Hrsg.)
Oktober 2006
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