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COMIC!-JAHRBUCH 2007

«Comics sind mir am liebsten auf Papier»
Interview mit Hyde (Anna Kristina Porst)

von Klaus Schikowski


Es gibt unzählige Zeichner und Zeichnerinnen im Internet, die dort Fan-Art veröffentlichen, ohne bislang in Druckversion veröffentlicht worden zu sein. Somit entsteht eine völlig neue Spezies im Umfeld der Comics: der virtuelle Zeichner. In diesem Fall ist es eine Zeichnerin, die bislang nur im Netz veröffentlicht, aber noch keinen druckfertigen Comic vorgelegt hat. Allerdings ist Fan-Art generell stilistisch stark an den Manga angelehnt. Dadurch ist es schwer, einen eigenen Stil durchzusetzen.
Anna Kristina Porst ist Jahrgang 1986 und hat seit einiger Zeit Pinups und Onepager auf den Seiten www.inkplosion.de und www.animexx.de unter dem Namen «hyde» veröffentlicht. Momentan stellt sie eine Mappe für die «animation-school -hamburg» zusammen.

COMIC!: Wie hat die Begeisterung für die Comics bei dir angefangen? Wie bist du als Kind zu den Comics gekommen?

Hyde: Das Ganze fing erst einmal mit dem Malen und Zeichnen an sich an, was in der Familie liegt. Bei uns zu Hause hängen viele Ölgemälde von meinem Ur-Opa und Kohlezeichnungen von meinem Vater, ich bin also schon damit aufgewachsen. Damals habe ich allerdings am liebsten Tiere gezeichnet, vor allem Pferde (was bei kleinen Mädchen wohl unausweichlich ist). Danach kam die Zeichentrick- und vor allem die Disney-Phase, in der ich übrigens noch heute bin. Inspiriert von Filmen wie «Die Schöne und das Biest» wollte ich dann auch Geschichten durch Bilder erzählen. Und da mein Vater ziemlich begeistert von «Asterix»-Comics und -Filmen war, sprang der Funke auf mich über. Weitere Serien, mit denen ich aufgewachsen bin, waren «Barbapapa», «Lucky Luke» und «Tim und Struppi». Von da an habe ich angefangen, Charaktere aus den Comics abzuzeichnen, was natürlich den eigenen Zeichenstil und die Form der Darstellung beeinflußt hat.

COMIC!: Wie bist du dann erstmals mit den Mangas in Berührung gekommen?

Hyde: Zwei Worte: SAILOR MOON. Ja, ich steh’ dazu. Ich war völlig fasziniert, als ich die Serie zum ersten Mal gesehen hab: Der Stil, die Farben, die Bewegungen, das war ganz neu für mich. Als dann später die Mangas zu der Serie erschienen, mußte ich sie natürlich haben. Das hatte aber weniger mit dem Medium Manga zu tun ... ich mußte einfach alles von «Sailor Moon» haben! Auch diese komischen Steckfigürchen ... Ich war jedenfalls ziemlich erstaunt, als ich das erste Mal einen Manga in der Hand hielt: Keine Farbe. Schwarzweiß. Ein Trauma für ein Kind, das die bunte Plastik-Welt der Serie liebte.

COMIC!: Aber trotzdem bist du dem Manga treu geblieben?

Hyde: Der anfängliche Schwarzweiß-Schreck löste sich schnell in Wohlgefallen auf. Mir wurde klar, daß die feinen Linien viel besser zur Geltung kommen und völlig neue Kommunikationsmöglichkeiten schaffen, als es bei kolorierten Comics der Fall ist. Europäische und amerikanische Zeichner tendieren dazu, einen Großteil des Geschehens und der Emotionen durch Farben darzustellen. Zum Beispiel helle, «goldene» Komplementärfarben zum Ausdruck von Fröhlichkeit. Ein Mangaka muß sich andere Wege suchen, um eine Stimmung zu vermitteln. Da kann es dann auch schon mal vorkommen, daß Figuren in geschlossenen Räumen mit wehenden Haaren gezeichnet werden. Eine Mangafigur, die sich freut, ist häufig von Blumen umgeben und als Outframe dargestellt, um die Freude zum Ausdruck zu bringen. Vor allem die Panelaufteilung ist der größte Unterschied zu franko-belgischen Comics, bei denen Panels oft nur Mittel zum Zweck sind. Bei Mangas sind Panels vielmehr ein Grundpfeiler, auf denen die Geschichte aufgebaut ist, sie werden aktiv ins Geschehen einbezogen und sind genau so ein stilistisches Mittel wie besagte Blumen. Der einzige große Auftritt eines Panels, der mir bei franko-belgischen Comics in Erinnerung blieb, war in einem Asterix Comic: als Obelix sich gegen den Rand eines Panels lehnt und diesen verbiegt. Das war ganz großes Kino!

COMIC!: Was waren deine ersten Versuche im Bereich «Comiczeichnen»?

Hyde: Ich glaube, die ersten Versuche waren diese typischen Cinderella-Stories. Furchtbar langweilig. Aber genau das ist der Punkt im Leben vieler Zeichner, an dem sie sich fragen sollten, ob sich noch jemand anderes als die eigenen Eltern für ihre Sachen begeistern kann. Seitdem stelle ich meine Werke ins Internet.



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Burkhard Ihme (Hrsg.)
Oktober 2006
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