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Burkhard Ihme (Hrsg.)
November 2004
224 Seiten DIN A4, S/W
EUR 15,25
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COMIC!-JAHRBUCH 2005

20 Jahre Comic-Salon Erlangen:
Gelungener Neustart 2004, ungewisse Zukunft

Von Martin Frenzel


Der Neustart war nicht ohne Bangen erwartet worden: noch im Frühherbst 2003, kurz vorm 20. Jubiläumsjahr, stand Deutschlands Nummer Eins unter den Comic-Festivals, der Erlanger Comic-Salon, - wieder einmal - auf der Kippe.
Die Finanznot der Stadt Erlangen, die parteiübergreifende Wankelmütigkeit von Teilen des Erlanger Stadtparlaments, Äußerungen des Erlanger Kulturreferenten Dieter Rossmeissl, der Comic-Salon genieße im Zweifel nur geringe, jedenfalls nicht die erste Priorität, und dann auch noch die Ankündigung, ein Konkurrenzfestival von nationalem Format, die ComicTime Hildesheim, werde Erlangen das Fürchten lehren, ließen düstere Wolken aufziehen. Doch als es dann soweit war, schien nicht nur tatsächlich ab und zu die Sonne, sondern auch die Bilanz des gesamten Festivals fiel denkbar positiv aus.


Gelungener Neustart 2004

Um es vorwegzunehmen: ein «Notfestival», wie von den Auguren befürchtet, ist es nicht geworden. Der Salon 2004 gehörte vielmehr wohl zu einem der besten in der 20jährigen Geschichte dieses in Deutschland einzigartigen Festivals. Und: es gelang dem fixen Team um den neuen Festival-Leiter Bodo Birk (siehe Interview), woran manch einer im Vorfeld gezweifelt hatte: trotz widrigster Sparbudget-Zwänge das hohe qualitative Niveau zu halten, wenn nicht gar auszubauen. Mehr noch: das vermeintliche «Minderheitenprogramm» um Geheimtip Joost Swarte entpuppte sich als überraschendes Highlight des Festivals, das Gesamtkunstwerk des genialen niederländischen Nouvelle Ligne Claire-Schöpfers in der Städtischen Galerie als überraschender Publikumsrenner. Der Mut der Veranstalter, hier neue Maßstäbe und einen deutlichen Kontrapunkt zur kommerziellen Verlagsmesse und dem gigantischen Medienrummel um Asterix-Starzeichner Albert Uderzo zu setzen, kann an dieser Stelle nicht genug gelobt werden.
Bodo Birk und sein Team haben die Schlacht um die Zukunft dieses einmaligen Festivals der bunten Bilder in dieser Etappe auf fulminante Weise gewonnen. Fazit: ein überaus gelungener, vorzüglicher Neustart, der die zwanzigjährige, facettenreiche Festivalgeschichte von 1984 bis 2004 um ein weiteres Glanzstück bereicherte.


20 Jahre Erlangen - die Jubiläumsfeier fiel aus

Einziger Wermutstropfen dieses gelungenen Festivals rund ums «Prinzip Bildgeschichte» (Dietrich Grünewald) war das mangelnde Geschichtsbewußtsein. Nach dem Motto: Stell’ dir vor, der Comic-Salon wird zwanzig - und keiner merkt’s. Anstatt das runde Jubiläum gebührend herauszustellen, hatte es fast den Anschein, als wolle man möglichst wenig über die Bilanz der letzten zwanzig Jahre sprechen: Kein Podium, kein Vortrag und auch keine Jubiläumsfeier, die diesen Namen verdient hätte, ging über die Bühne. Einzig die DJ-Party im E-Werk stand formell im Zeichen des Jubiläums - aber auch das merkten vermutlich nur die wenigen, die das Programmheft genau gelesen hatten. Spätestens hier wäre es an den Veranstaltern gewesen, eine Rede zu halten oder - wenn man schon, weit intensiver als in den Vorjahren, auf die «Methode Johannes B. Kerner/Reinhold Beckmann» bei der Max-und-Moritz-Preisgala im Markgrafentheater und im Rahmenprogramm des Salons setzt - eine Talkshow mit den Initiatoren der ersten Stunde zu präsentieren.



Verdammt lang her ...

Eine Talkshow mit Leuten wie dem Nestor des Salons, Karl Manfred Fischer etwa, achtzehn Jahre lang der Garant fürs Überleben dieser einzigartigen Kulturperle im deutschen Sprachbereich, auch mit den eigentlichen Initiatoren und Impulsgebern des Salons wie Achim Schnurrer für den Ideengeber ICOM, Hartmut Becker, Paul Derouet, Riccardo Rinaldi, Horst Berner und André Roche (alle ICOM) und wie die Salon-Pioniere der ersten Stunde 1984 alle hießen. Von 1984 bis 1990 firmierte der ICOM als Mitveranstalter des Salons. Ohne ihn, ohne Achim Schnurrer & Co. hätte es das Festival nie gegeben. Und die damaligen Preisträger hätten hierher gehört. So zum Beispiel hätte man ein Zusammentreffen des allerersten Max-und-Moritz-Preisträgers Chris Scheuer arrangieren können mit dem des Jahres 2004, dem zukunftsträchtigen Comic-Poeten Ulf K. Die Argumentation, man habe ja bereits zwei Jahre zuvor den zehnten Salon begangen, leuchtet überhaupt nicht ein, zumal das nächsterreichbare Jubiläum (wenn es denn erreicht wird!) unglücklicherweise in ein Jahr fällt, in dem der Salon wegen seines zweijährlichen Turnus nicht stattfindet. Das 25jährige Jubiläum im Jahre 2009 fällt, so gesehen, in ein tiefes schwarzes Loch. Das wäre - falls dies der Grund war für die auffällige Zurückhaltung - mitnichten ein peinliches Veteranen-Treffen geworden, sondern ein Meeting zwischen den Pionieren der 1980er und den Akteurer, die die Gegenwart und vor allem die Zukunft des 21. Jahrhunderts verkörpern. Aber: Ohne die Vorkämpfer von damals gäbe es den Salon der Generation Mawil nun mal nicht. Im E-Werk hätte man gern eine öffentliche, kämpferische Rede des Kulturreferenten und gelernten Historikers Dr. Dieter Rossmeissl (SPD) zur Geschichte, Gegenwart und vor allem Zukunft des Salons gehört: Wann, wenn nicht aus Anlaß eines 20jährigen Festivaljubiläums wäre dies angezeigt gewesen? Nur am Rande sei erwähnt, daß es nicht wenige Stimmen, auch aus hochrangigen Verlagskreisen, gab, die die nächtliche Veranstaltung im E-Werk mit einigem Unverständnis quittierten. In der Tat hatte die traditionelle Verlagsfete eines neuerdings in Berlin und Köln residierenden großen Verlags musikalisch mehr Stimmung zu bieten als die nebelumwaberte «Big Birthday Party» im E-Werk.


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