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Burkhard Ihme (Hrsg.)
Oktober 2003
256 Seiten DIN A4, S/W
EUR 15,25
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COMIC!-JAHRBUCH 2004

Preisträger 2003 - Bester Comic-Beitrag (Funny):
"Held" von Felix Flix Görmann

Interview von Klaus Schikowski und Constanze Döring

COMIC!: Warum hast du das Medium Comic gewählt, um deine Geschichten zu erzählen?

Flix: Man hat in diesem Medium die Chance, allumfassend tätig zu sein. Wenn man Bilder mag und überlegt: "Wie kann ich mit denen erzählen?", dann kann man entweder einen Film machen, was wahnsinnig aufwendig ist, viel Geld und Zeit kostet, was man alleine in den meisten Fällen überhaupt nicht bewältigen kann, oder einen Comic. Da setzt man sich hin und malt genau das auf, was man im Kopf hat, dann ist man fertig. Es braucht keine Nachvertonung, keinen Schnitt, keinen Cutter, kein Garnix, da kann man wirklich ganz alleine schalten und walten.

COMIC!: Aber du hast schon eine Nähe zum Medium Film. In "Held" sagst du, dass man beim Comic als Comic-Leser Projektor und Leinwand gleichzeitig ist.

Flix: Auf jeden Fall. Ich finde auch, dass von allen anderen Medien der Comic dem Film am nächsten kommt. Beide sind relativ zeitgleich entstanden, und inzwischen hat der Film das Rennen für die Masse gemacht und ist leichter zu konsumieren. Gleichzeitig bietet der Comic viele Elemente, die der Film auch bieten kann, aber eben darüber hinaus auch welche, die der Film überhaupt nicht bieten kann, und das finde ich wahnsinnig spannend.

COMIC!: Welche Elemente sind das?

Flix: Zum Beispiel die Möglichkeit, Zeitabläufe dem Betrachter zu überlassen. Scott McCloud hat das auch mal beschrieben: Man kann einfach verweilen, wenn man möchte, und das Tempo bestimmt man selber. Also, man ist quasi sein eigener Projektor, und man dreht nicht mit einer kontinuierlichen Geschwindigkeit, sondern man hat die Geschwindigkeit, die man braucht. Und man kann wirklich variieren, zurückgehen und voraus springen und auch Bilder miteinander verknüpfen, was im Film völlig unmöglich ist.

COMIC!: Schaut man sich "Radio Ohrgasmus" und "Held" an, stellt man fest, dass sich die beiden Zeichenstile voneinander unterscheiden. Welcher Stil entspricht dir denn am ehesten?

Flix: Beim "Radio-O"-Stil habe ich das Problem, dass ich wahnsinnig lange für eine Zeichnung brauche, weil sie viel detaillierter ist, viel mehr Kleinigkeiten stimmen müssen, damit der Gesamteindruck hinhaut. Also war ich auf der Suche nach einem neuen Stil, der schneller geht, der mir so aus der Hand raus fließt, wo ich nicht die Linie suchen muss, sondern wo die Linie irgendwie sitzt. Da ich Sachen von Trondheim gelesen hatte, von seiner Einfachheit sehr fasziniert war und auch gehört hatte, dass er die Dinge wahnsinnig schnell produziert, habe ich gedacht, na ja, die Richtung ist vielleicht gar nicht so ganz verkehrt. Im "Held"-Stil sind Anleihen von Trondheim drin. Aber ich merke, dass auch dieser Stil genau so wie der andere dabei ist, sich von Anleihen weg zu einem Stil zu entwickeln, der wirklich meiner Hand entspricht.
Gleichzeitig verstehe ich die beiden Stile wirklich als zwei verschiedene Baustellen, also ich bin beides. Ich bin sowohl dieser reduzierte "Held"-Stil, der für einen bestimmten Geschichten-Typus ganz wunderbar und optimal funktioniert ("Held" z.B. mit Knollennasen? Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass ich diese Geschichte so erzählen kann) als auch der Radio-Ohrgasmus-Style.

COMIC!: Kannst du dir vorstellen, einen realistischeren Stil für eine ernstere Geschichte zu verwenden?

Flix: Ich tu mich ja schwer mit realistischen Zeichnungen, das ist nicht so ganz meine Stärke. Aber ich kann’s mir schon vorstellen, ich strebe es aber im Moment nicht an, weil ich merke, wie schwierig es schon jetzt ist, diese beiden Dinge unter einen Hut zu bringen und einfach klar zu machen: Hey, beides ist Flix, beides ist vom gleichen Mann. Von mir aus können das auch gerne zwei verschiedene Universen bleiben. Das eine ist wesentlich überdrehter als das andere - inhaltlich hängen sie dadurch zusammen, dass sie beide weitgehend in der Realität verhaftet sind und in der Gegenwart und dass es bei beiden um Beziehungen und alltägliche Situationen geht.
Dieser leichte Optimismus, den ich immer wieder versuche durchschimmern zu lassen, der ist für mich ein ganz wichtiges Element. Ich denke einfach, dass das Leben, auch wenn es schwierig ist und auch wenn es zu Ende geht, trotzdem genau diesen Optimismus verdient hat.

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