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Juni 2000
224 Seiten DIN A4, 224 Seiten, inkl. 7 Farbseiten
EUR 10,15
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COMIC!-JAHRBUCH 2000

Der gezeichnete Autorenfilm
Tendenzen im Narrativen Animationsfilm der Neunziger Jahre

Von Ralph Trommer

Im Animationsfilm zeigen sich von jeher die unterschiedlichsten Einflüsse, er ist eine Kunstform, die wie keine andere Elemente aus allen Kunstgattungen nutzen kann.

Dies sind: die klassischen Bildenden Künste (Malerei, Zeichnung, Illustration, Comic; die Kleinplastik im Puppentrick), wie auch Klangmedien (Musik, Rhythmik, Klang, Filmton), die Darstellenden Künste (durch "animierte" Schauspieler oder sich tänzerisch bewegende Figuren) und schließlich die gebündelten audio-visuellen Möglichkeiten des Stumm- und Tonfilms.

Die Öffentlichkeit nimmt den Trickfilm nur partiell wahr. Das liegt daran, daß die Industrie im Grunde von Disneys Zeichentrickfilmen und japanischen und amerikanischen Zeichentrickserien bestimmt wird. Selbst bei ambitionierten Produktionen, wie etwa dem Computeranimationsfilm "Antz" oder dem Puppentrickfilm "The Nightmare before Christmas" verlieren die meisten Versuche, einen neuen abendfüllenden Trickfilm oder eine neue Serie herzustellen, durch die Studioproduktionsweise die persönliche Handschrift und damit ihren Charme. Aussage und Thema eines Films werden ohnehin zur Nebensache, unterwerfen sich dem glättenden Unterhaltungsfilmduktus.

Die Randstellung des Trickfilms wird aber erst offenbar, wenn man sein Kurzfilmrepertoire betrachtet, das sich seit der Geburt des Trickfilms um die Jahrhundertwende immer mehr erweitert und erneuert.

Die öffentliche Ignoranz gegenüber dieser wichtigsten und vielfältigsten Form des Animationsfilm liegt auch in der Schwierigkeit, ihn in die Bildende-Kunst-Szene oder gar in die Filmszene einzuordnen, stellte er doch schon immer ein Medium für Spezialisten dar, die, als besessene Individualisten, Auteurs waren, die ihre Filme je nach individuellem Anliegen, Talent und Mitteln realisieren.

Denn es handelt sich hierbei um nicht weniger als eine eigenständige Entwicklung des Autorenfilms, die global zu beobachten ist. Der künstlerische Animationsfilm ist weltweit als unabhängiges Kunstmedium zu sehen, dessen Einzelwerke meist aus individuellen künstlerischen Beweggründen entstehen und sich weiterentwickeln, wobei gelegentlich auch ästhetische Strömungen entstehen - etwa die zweidimensionale Grafik im Zeichentrickfilm der 50er und 60er Jahre, die sowohl in westlichen wie östlichen Werken vorherrscht. Auch Auftragswerke entstehen gelegentlich, etwa in Ländern, in denen der Trickfilm eine lange Tradition hat, die breite Anerkennung also nicht ausblieb und so eine Einbindung in die Wirtschaft stattfand. Als Beispiele sind die lange Tradition vieler ehemaligen Ostblockstaaten wie Rußland, der ehemaligen Tschechoslowakei, Polen und der ex-jugoslawischen Länder zu nennen, wie auch England und Kanada. In Ländern, in denen der Animationsfilm keine große Lobby hat, müssen sich die Künstler nicht selten nach anderen Einkommensquellen umsehen, die ihnen ermöglichen, ihre Kunst auszuüben. Im Nachkriegsdeutschland gab es keine einheitliche westdeutsche Tradition, nur durch das DEFA-Trickfilmstudio in Dresden konnten über Jahrzehnte künstlerische (Puppen-)Trickfilme entstehen, was nach der Wende leider keine Fortsetzung fand.

Die meisten Künstler hingegen arbeiten kontinuierlich an ihren kurzen Animationsfilmen, beharrlich wie ein Maler an seinen Bildern, nur daß es sich hier um bewegte Bilder handelt, die auf unterschiedlichste Weise zustandekommen.

Die Szene der Animatoren trifft sich auf meist jährlich stattfindenden Festivals auf der ganzen Welt. Genannt seien u.a. Annecy (Frankreich), Toronto, Hiroshima, Sarajevo, in Deutschland neben einigen Studentenfilmfestivals vor allem Stuttgart und Leipzig. Somit ist ein künstlerischer Austausch und eine theoretische Diskussion möglich, Anfänger werden von arrivierten Künstlern beeinflußt oder versuchen, sich bewußt vom Mainstream oder von allem bisher Dagewesenem abzusetzen.

Auf die Vielfalt des künsterischen Ausdrucks im Animationsfilm der Neunziger Jahre soll im Folgenden eingegangen werden (...)


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