Lektüre
 Independent Comic Shop   ICOM-Publikationen   Kostenlos   Fachmagazine   Sekundärliteratur 
Das COMIC!-Jahrbuch | Das ICOM!-Handbuch | Der ICOM!-Ratgeber
FILMRISS | Das verbandseigene Fachmagazin
  Alle Jahrbücher
COMIC!-Jahrbuch 2006
COMIC!-Jahrbuch 2005
COMIC! Jahrbuch 2004
COMIC! Jahrbuch 2003
COMIC! Jahrbuch 2001
COMIC!-Jahrbuch 2000
COMIC!-Jahrbuch 2000
Burkhard Ihme (Hrsg.)
Juni 2000
224 Seiten DIN A4, 224 Seiten, inkl. 7 Farbseiten
EUR 10,15
BESTELLEN  
COMIC!-JAHRBUCH 2000

Little Nemo im Internetland:
Ende der Comic-Kulitur im digitalen Zeitalter?

Ein futurologischer Essay von Martin Frenzel


Die Zukunft hat schon begonnen: Mehr denn je stellt sich jetzt, an der Schwelle zum 21. Jahrhundert und in der momentanen Fin-de-Siècle-Zeit, die Frage nach dem Woher und Wohin der Comic-Kultur. Auch die Schriften Erich Fromms gewinnen angesichts des heraufziehenden Internet-Zeitalters der digitalen, schönen neuen Welt ungeahnte Aktualität: Dessen Alterswerk "Haben oder Sein" nahm den herrschenden neoliberalen Zeitgeist der 80er und 90er Jahre des 20. Jahrhunderts vorweg. Es war dies der Wandel zu einem nur noch in Quantitäten und Marktkategorien denkenden, kranken homo oeconomicus, in dessen Weltbild und Gesellschaft Haben nahezu alles zählt und Sein, Teilen, Verstehen als radikal-humanistische Utopie gilt.

Einer der wenigen, die sich in Deutschland ernsthaft Gedanken machen, was die Zukunft bringt, ist der SPD-Medienpolitiker Peter Glotz. Er vermißt angesichts der immer konkreter werdenden und teilweise schon verwirklichten Perspektive eines "digitalen Kapitalismus" (Glotz 1999), der durch die momentane digitale Multimedia-Revolution einen gewaltigen Schub erlangt, Alternativen der Politik zur radikal "beschleunigten Gesellschaft" des telematischen Zeitalters. Glotz sieht den digitalen Kapitalismus geprägt von folgenden Grundkonstellationen: Dematerialisierung, Beschleunigung, Dezentralisierung und Globalisierung (Glotz 1999: 92).

Dematerialisierung bedeutet, daß das Gros des Wirtschaftens im digitalen Kapitalismus nicht länger auf der Verwertung von Bodenschätzen, Stoffumwandlungsprozessen und Energie basiert, sondern auf der Verwertung von Informationen. Glotz spricht dabei vom Wandel der hardwareorientierten Industriegesellschaft zu einer softwareorientierten telematischen Gesellschaft.

Wichtigste Grundtendenz des digitalen Kapitalismus ist nach Glotz jedoch die Beschleunigung. Durch die Informationswirtschaft geht demnach ein "ungeheurer Geschwindigkeitsimpuls". Glotz sieht - obwohl ein Befürworter der Modernisierung - die Gefahr der sozialen Spaltung: in jene, die dem ungeheurem Tempo der "Nanosekundenkultur des digitalen Kapitalismus" gewachsen sind und den Tiger zu reiten vermögen und jenen, die auf der Strecke bleiben.

Gleichwohl - und trotz jenes wachsenden Zwangs zur Schnelligkeit, Mobilität, Flexibilität und Allgegenwärtigkeit (kein anderes Gerät verkörpert diesen unsäglichen Zeitgeist besser als das Mobiltelefon, neudeutsch "Handy" genannt) - sieht Glotz in der allmählichen kommunikativen Vernetzung aller Haushalte via Personalcomputer einen Akt der Befreiung und Entgrenzung der Kommunikation.

Eines scheint gewiß: Es wäre naiv anzunehmen, dieser tiefgreifende Prozeß der mikroelektronischen und digitalen Revolution habe ausgerechnet für die Comic-Kultur keinerlei Konsequenzen...


Auf den Geschmack gekommen?
Weiterlesen im COMIC!-Jahrbuch 2000!