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Die Gewinner des ICOM Independent Comic Preises
Bester Independent Comic

"Seelenfresser - Erstes Buch: Liebe"
von Schwarwel
(Glücklicher Montag)

„Hitch-Hike-Baby, kleine Rasthaus-Lady“ dröhnt es durch die dunklen Wälder und dieser Song, der sich wie ein düsterer Soundtrack durch den ersten Band von Schwarwels „Seelenfresser“ zieht, ist mehr Drohung als Verheißung. Eine eindringliche, finstere Atmosphäre wirkt sofort auf den Leser ein, in einem Dornenbusch wie ein Stacheldrahtzaun, wo der Handyton einem Schreckensschrei gleicht, steht eine junge Frau, die Unschuld ins Gesicht geschrieben, und in dem Gesicht wird das Leben noch ganz andere Spuren hinterlassen. Doch ganz tief in den Wäldern, da wartet etwas und schlägt seine spitzen Fänge in die Lebewesen, die sich nähern, wie ein Stachel, der tief den Herzen sitzt. „Hitch-Hike-Baby, kleine Rasthaus-Lady“ ...
Es ist diese Dringlichkeit die „Seelenfresser – Band 1“ vermittelt, als wäre es dem Zeichner Schwarwel ein Anliegen diese Geschichte zu erzählen, sie frei zu lassen, wie Dämonen, von denen berichtet werden muss, Quälgeister, die nachts als Alp unheimliche Bilder beschwören. Der erste Teil trägt den Titel „Liebe“ und nichts scheint unmöglicher in diesem beunruhigenden, grafisch unglaublich dichten schwarzweißen Alptraum, in dem Statuen, inspiriert durch das Leipziger Völkerschlachtdenkmal, abstoßende Truckerfahrer und deutsche Country-Songs den Horror untermalen. Nein, Liebe findet nicht statt, nur ab und zu mal ein kurzer Ort der Ruhe, allein mit dem Hund unterwegs und dann kommen schon wieder die Lieder: „I’m a liar for hire.“ In „Seelenfresser“ steckt ein ganzes Leben, eine Geschichte, die einfach raus musste, Schwarwel zeigt auf, dass auch vor der Unschuld nicht Halt gemacht wird und nichts schlimmer als der Moment ist, wenn die Welt dir das erste Mal ins Gesicht schlägt. Das vergisst man nie. Davon handelt dieser großartige Comic, der so unvermittelt auf dich einschlägt, als käme er direkt aus dem dunklen Keller der Seele.

(Klaus Schikowski)
"Liebe schaut weg" von Line Hoven

"Liebe schaut weg" von Line Hoven

Bester Kurzcomic

"The Quest" von Till Hafenbrak
in "Biografiktion 3: ABBA"
(Edition Biografiktion)

Abba ist der große Trivialmythos der Musikgeschichte, zwei Paare, die gemeinsam Musik machen, so einfach und so großartig, Melodien für die Ewigkeit, zum Fremdschämen schön. Doch dann geht alles kaputt, die Paare trennen sich, tragen ihr Leid in ihren Liedern vor, und die Leichtigkeit weicht traurigen Liebesliedern in Moll, und die große Zeit endet.
Ein Mythos wie geschaffen für Comicgeschichten, und das selbstverlegte, fein designte und gedruckte „Biografiktion – Abba“ widmet sich in drei Geschichten der großen Zeit von Abba. Die Kurzgeschichte „The Quest“ von Till Havenbrak erzählt von der Suche nach dem Horn der legendären Töne. Mit dem Bart des Großvaters ausgestattet, macht sich Benny mit seinen neuen Superkräften auf die Suche, trifft Björn, Anna-Frid und Agnetha, diese finden zwar nicht das legendäre Horn, aber so lange sie zusammen sind, ist ihnen Erfolg gewiss. Der Rest ist ein Foto aus der Discozeit in glitzernden Kostümen – und Geschichte.
Till Havenbrak gelingt eine komisch-witzige Hommage an die vier Mitglieder von Abba, die er mit der griechischen Mythologie kreuzt, mit Monstern und Zyklopen, das ist so wunderbar schräg und naiv, dass es zu dem Mythos Abba passt. Die Zeichnungen sind reduziert, fast minimalistisch, aber sehr modern. Die Kurzgeschichte ragt heraus, weil sie im Kontext von Illustration und Druckgrafik stattfindet, mit der Avantgarde flirtet, aber dennoch ganz einfach und klar erzählt ist. Die Lust am schönen Objekt ist „ Biografiktion – Abba “ deutlich anzumerken und der Mut selbst zu verlegen, muss belohnt werden. Zudem wird mit der Kurzgeschichte von Till Havenbrak ein Spaß am Comicmachen deutlich, der ansteckend wirkt.

(Klaus Schikowski)
"Liebe schaut weg" von Line Hoven
Herausragendes Szenario

"Trommelfels" von Marijpol
(avant verlag)

Ein kurz vor der Pensionierung stehendes Archäologen-Pärchen will es noch einmal wissen; eine reiche Mäzenin will sich profilieren; eine junge Frau will an einem extremen Experiment teilnehmen, in dem sie, eingesperrt in eine Höhle, ohne jegliche Fremdreize leben und auf eine unterirdische Zivilisation von Fledermaus-Menschen stoßen wird.
In dem mit verhältnismäßig wenig Text auskommenden Comic werden die Figuren sehr glaubhaft modelliert und in eine fantastische Geschichte eingebettet. Der Comicautorin gelingt es immer wieder, den Leser durch überraschende Einfälle zu fesseln und eine hohe Spannung aufzubauen. Auch schafft es Marijpol, eine breite Palette an Gefühlen wie Zuneigung, Abhängigkeit, Neid, Stille, Egoismus, Liebe und Unschuld beim Leser zu wecken, zum Beispiel wenn die junge Frau allein in ihrer tiefen Höhle sitzt und auf einen schwarzen Gang blickt, der noch tiefer führt, sie zu beobachten scheint und den Betrachter einsaugt.
"Trommelfels" hätte sicher auch genauso gut den Preis für sein künstlerisches Artwork bekommen können. Die Zeichnungen strahlen sehr viel Liebe aus, wirken erstaunlich haptisch und räumlich. Auch schwierig zu illustrierende Motive wie ein 3-D-Höhlenmodell werden bravourös gelöst. 
"Trommelfels" ist eine Graphic Novel, die Spaß macht anzuschauen und zu lesen. Sie ist das Debüt der jungen Hamburger Comicautorin Marijpol, von welcher wir hoffentlich noch viel hören beziehungsweise sehen werden.

(Gerhard Schlegel)
"Liebe schaut weg" von Line Hoven
Herausragendes Artwork

David Füleki

Es wird öfters darüber philosophiert, warum es scheinbar so harte Fronten zwischen Mangafans auf der einen und Leser westlicher Comics auf der anderen Seite gibt. Darüber geseufzt, dass es keine wirklichen Überschneidungen der Szenen gibt und in der großen Masse kein Interesse, das irgendwie zu ändern. Anstatt zu reden, macht David „Def“ Füleki lieber: In der Mangaszene großgeworden, sind dem jungen Künstler Fremdeln und Grüppchendenken unbekannt. Scheinbar völlig unbedarft und frei von Vorurteilen zeichnet er, wo und wie seiner Comicfigur „Entoman“ der Schnabel gewachsen ist. Egal ob für eigenproduzierte Veröffentlichungen oder für professionelle Verlage wie Tokyopop, ob auf dem Onlineportal des Animexx e. V., für Comicmagazine oder für „vorwärts – die Zeitung der deutschen Sozialdemokratie“, ob Kooperationen mit anderen Künstlern oder Gastcomics bei Webcomiczeichnern. Mit Sicherheit ist er einer der produktivsten Comiczeichner der letzten Jahre und man wundert sich, woher er die Zeit nimmt und wie schnell er sein muss, um dieses Pensum zu schaffen – und das in einem lebhaften Stil, der sich jeder Einordnung verweigert. Dabei bewahrt sich der Vielzeichner seine Originalität und den Humor, der in seiner mitunter derben Ausprägung sicher nicht jedermanns Geschmack ist. Der junge Zeichner steht trotz seiner zahlreichen Veröffentlichungen der letzten Jahre noch am Anfang seiner Karriere und wir wünschen ihm alles Gute auf dem Weg – und dass er die deutschsprachige Comicszene noch lange bereichern wird.

(Frauke Pfeiffer=
"Liebe schaut weg" von Line Hoven
Sonderpreis der Jury für eine bemerkenswerte Comicpublikation

"Perry – Unser Mann im All"
(Alligatorfarm)

Das Perry-Magazin "Perry – Unser Mann im All" ist eine Wiederbelebung der alten Perry Rhodan-Comics des Moewig Verlags aus den 1970er Jahren, welche vom italienischen Comicstudio Giolitti im Pop-Art-Stil gezeichnet wurden. Karl Nagel übernahm den Studiogedanken und gründete 2006 in Hamburg das Alligatorfarm-Comicstudio, in dem bis heute die "neuen" Perry-Comics erscheinen. Einzigartig für Deutschland ist die Studioarbeit, bei der bis zu 20 Zeichner und Autoren an einer einzigen Ausgabe mitwirken. Die einzelnen Künstler arbeiten nicht nur allein in ihrem abgeschotteten Kämmerlein, sondern kommen zusammen, tauschen sich aus, zeichnen gemeinsam an einzelnen Seiten und teilen sich Arbeitsschritte wie Skizze, Bleistiftzeichnung, Tusche, Farbe, Lettering etc. Gerade durch Zeichenstudios sind in anderen Ländern wie Belgien, Frankreich, USA, Italien oder Frankreich immer entscheidende Impulse ausgegangen. Die Studios in Deutschland sind hingegen nach dem Niedergang Rolf Kaukas fast ausschließlich auf das MOSAIK-Magazin eingeschränkt. Dass sich die Alligatorfarm nicht dem reinen Nischenkunst-Graphic-Novel-Markt verschrieben hat, ist bemerkenswert, zumal in Deutschland oft über kommerzielle Sciencefiction-/Helden-Comics gerne die Nase gerümpft wird. Die Perry-Comics werden dabei qualitativ immer besser, und es wird viel experimentiert. Gerade unter den Back-Up-Geschichten finden sich zum Beispiel in den Ausgaben des letzten Jahres hervorragende Arbeiten von Michael Vogt, Andreas Völlinger, Frank Freund, Marian Kretschmer, Vincent Burmeister und vielen anderen Künstlern. Es ist sehr spannend zu beobachten, wie sich das Magazin unter den Herausgebern Maikel Das und Kai Hirdt entwickelt und immer mehr an Kraft gewinnt.
Fortsetzung folgt.

(Gerhard Schlegel)
"Liebe schaut weg" von Line Hoven

"Liebe schaut weg" von Line Hoven

Sonderpreis der Jury für eine besondere Leistung oder Publikation

Levin Kurio (Weissblech Verlag)

Levin Kurios Comicverlag Weissblech Comics ist zwar sehr erfolgreich, trotzdem aber ein absoluter Independentverlag im wahrsten Sinne des Wortes. Bereits seit 20 Jahren verbreitet Kurio seine „kurio-sen“ Comichefte in der Szene und hat auch viele neue Leser für das Medium gewinnen können. Bereits mit 14 Jahren erstellte er sein erstes eigenes Comicheft, das lakonisch getextet, grausam gezeichnet und noch viel grausamer von Hand kopiert war. Damals hätte niemand auch nur einen Pfifferling darauf gesetzt, dass überhaupt jemals ein zweites Heft von ihm erscheinen wird. Mittlerweile gehen seine Veröffentlichungen in die Hunderte. Konstant fand eine stetige Entwicklung statt, zuerst über die autobiografischen Comics seiner Saufclique (KOMA COMIC), später über Horror-, Erotik- und Crimeveröffentlichungen. Aus seinem Faible für Trash und Schundcomics hat er nie einen Hehl gemacht. Trotzdem sind seine Veröffentlichungen schon seit mindestens einem Jahrzehnt absolut professionell und ergo mittlerweile sogar an fast jedem Bahnhofshandel zu finden – und immer noch von ihm im Alleingang mit Hilfe fantastischer Mitarbeiter zusammengestellt. Auch hier bewies er stets einen guten Riecher für die Förderung hoffnungsvoller Talente. Es gibt wohl kaum eine andere Verlegerpersönlichkeit im Independentbereich, die einen Preis für „eine besondere Leistung“ mehr verdient hätte als Levin Kurio.

(Joachim Jo84 Guhde)
"Liebe schaut weg" von Line Hoven

"Liebe schaut weg" von Line Hoven

Lobende Erwähnungen

"Saarland Album" von Bernd Kissel
(Geistkirch Verlag)

Deutschlands Kleinverlagsszene birgt so manche Überraschung, etwa das schöne querformatige „SaarlandAlbum“ über die Geschichte des Saarlands von Bernd Kissel. Gleichzeitig Familien- und Zeitgeschichte erzählt Kissel kurze Anekdoten aus der bewegten Geschichte des Saarlands nach dem Zweiten Weltkrieg, die zunächst in der Zeitung vorabgedruckt wurden. Das ist unaufdringlich lehrreich und erzählt wenig bekannte Episoden des kleinen Bundeslandes, so dass es alle Altersgruppen gleichzeitig anspricht. Kissel arbeitet mit äußerst gekonnten und eleganten Funny-Zeichnungen, die ihre frankobelgsiche Herkunft nicht verleugnen. Zudem ist er ein versierter Erzähler dem man gerne zuhört, ein Talent, dem man eine größere Aufmerksamkeit wünscht. Kissel ist ein äußerst charmantes Album gelungen.

(Klaus Schikowski)
"Liebe schaut weg" von Line Hoven
"Black Label 1: Mädchencomic" von Regina Haselhorst
(Zwerchfell)

Regina Haselhorsts Mädchencomic, erschienen als erstes Heft der neuen Reihe „Black Label“ im Zwerchfell Verlag, lässt uns vornehmlich männliche Comicleser endlich einmal aus erster Hand an den Sehnsüchten und Träumen junger Mädchen teilhaben, von denen wir aus geschlechterspezifischen Gründen als männliche Nerds ja so gar keine Ahnung haben. Er erhellt für uns die sexuellen Wünsche und Wahnvorstellungen der dicken und hässlichen Bettina und der naiven und hässlichen Theresa. Die dürsten danach, sich endlich entjungfern zu lassen … Natürlich von ihren vorher erwählten Traumprinzen, die sich leider so gar nicht in ihre Liga herunterbegeben wollen und ihre eigenen sexuellen Bedürfnisse lieber mit oberflächlichen, dafür aber scharfen Traumfrauen ausleben. Aber die beiden geben den Kampf um ihre vorerst große Liebe nicht freiwillig auf …
Regina Haselhorsts Mädchencomic ist ein köstliches und schwungvoll gezeichnetes Stück Unterhaltungsliteratur, das nicht mit Gesellschaftskritik geizt, dabei aber immer witzig, tragisch, emotional und vor allem total WAHR ist. Es handelt von Liebe, Hass, Treue, Verrat, Freundschaft, Sexualität und einfach dem puren Leben. Es ist fast unmöglich, sich in diesem Comic nicht irgendwo selbst wiederzufinden … außer, man ist als wahnsinnig attraktiver Mensch geboren worden, der noch niemals Probleme damit hatte, mühelos Traumpartner an Land zu ziehen, die ihm dann auch noch ewig treu bleiben – und das ist wohl nur eine verschwindend geringe Minderheit.

(Joachim Jo84 Guhde)
"Liebe schaut weg" von Line Hoven
"Tumba – Die Fratze des Todes" von Stephan Hagenow und Geier
(Gringo Comics)

Der Titelheld Tumba, ein Gehilfe von Kommisar Fröhlich, versucht, einem bestialischen Frauenmörder auf die Schliche zu kommen. Zeichner Stephan Hagenow erzählt eine simple, aber funktionierende Kriminalgeschichte auf 52 Seiten im DIN-A5-Format. Man merkt dem Zeichner an, dass er seit fast 30 Jahren in der deutschen Comicszene aktiv ist (unter anderem für SCHWERMETALL, OUTSIDER, ZACK und eigene Comics wie "Joe Darling", "Rattenmeute", "Mc Trapp" und natürlich seinen "Kommissar Fröhlich"). Hagenow versteht viel von Storytelling, seine Bildfolgen funktionieren, der Leser kennt sich aus. Die Seitenaufteilungen erinnern manchmal an Frank Miller in seinen besten Jahren, als dieser noch stark von EC-Altmeister Bernard Krigstein beeinflusst wurde. In klaren, ausdrucksstarken Bildern erzählt er gekonnt seine Geschichte, in der der Leser den Helden durch seine Träume bis hin zu einem Showdown mit dem Serienkiller begleitet. Hagenow zeichnet oft sehr schnell, aber dennoch solide und kann dadurch eine starke Dynamik in seine Bilder bringen.
Das gemalte Titelbild stammt vom Comiczeichenprofi Geier (Jürgen Speh), dem Zeichner von unter anderem "Horst" (Schwarzer Turm/Panini) und "Lena Wombat" (Gringo/Rowolth/Ehapa). Ebenfalls gekonnt übernahm Geier das Inking bei diesem Band, es erinnert fast an den kunstvollen Tuschestrich von David Mazzucchelli bei "Batman: Year One"; seine hinterlegten Graustufen bringen räumliche Tiefe in die Bilder.
"Tumba" ist ein Comic, in dem zwei absolute Comicprofis, Stephan Hagenow und Geier, alle Register ziehen; ein Comic, der bei dem rührigen Holger Bommer im Gringo Comics Verlag erschienen ist.

(Gerhard Schlegel)
"Liebe schaut weg" von Line Hoven
"Der Ziegensauger" von Thomas Wellmann
(Rotopolpress)

"Der Ziegensauger" entführt uns in den Regenwald Lateinamerikas, in dem der Flussführer Matos einen geheimnisvollen, seltsam aussehenden Passagier befördern soll, der die ganze Fahrt über schlafend einen Koffer mit – wie sich schnell herausstellt – wertvollem Inhalt umklammert. Die Gier der Crew ist schnell geweckt, was aber nur zu Unheil führt … Trotz der Schwarz-Weiß-Zeichnungen und des groben Strichs spürt man förmlich die Schweißperlen auf der Stirn, und die Anspannung scheint einem aus den Seiten entgegenzutropfen. Dies ist besonders erstaunlich, da „Ziegensauger“ nur mit grobem, schwarz-weißem Strich gezeichnet ist. Auch auf Anatomie oder ansehnliche Gesichtszüge pfeift Thomas Wellmann, so dass wohl nicht jeder dem Reiz dieser Erzählung erliegt. Aber wer sich darauf einlässt, erlebt das große Talent des Künstlers, sein cineastisches Auge für Kameraeinstellung und Erzähltempo: Die Geschichte fesselt den Leser von Anfang an und zerrt ihn immer weiter mit dem Boot in den schwülen Dschungel, wo die Bedrohung hinter jedem Blatt lauern kann. Allein zum Ende hin galoppiert Thomas Wellmann sein großes erzählerisches Talent etwas davon. Gute Comicautoren gibt es viel zu wenige. "Der Ziegensauger“ weckt große Hoffnungen, dass Thomas Wellmann so einer ist, weswegen wir umso gespannter auf die nächste Veröffentlichung sind!

(Frauke Pfeiffer)
"Liebe schaut weg" von Line Hoven
Die Jury

Jochim Jo 84 Guhde (Minden)
Frauke Pfeiffer (Weinheim)
Klaus Schikowski (Köln)
Gerhard Schlegel (München)