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Herausragendes Artwork:
"Ein Mann geht an die Decke"
von Katharina Greve
(Die Biblyothek)

"Daniel & Oleg" von Olli Ferreira und René Roggmann (Zwerchfell Verlag)
Wenn aus der Fülle grafisch hervorragender Werke "Ein Mann geht an die Decke" von Katharina Greve den Preis für herausragendes Artwork zugesprochen bekommt, so liegt das an der besonders originellen Idee ihrer Geschichte und vornehmlich an einer visuellen Realisierung, die sie in Stil, Erzählmodi wie Layout optimal trägt. Das Artwork wird hier zum entscheidenden Mitspieler. Greve erzählt eine kleine Liebesgeschichte. Gabi hat sich in Franz, Fahrstuhlführer des Berliner Fernsehturmes, verliebt und sucht ihn für sich zu gewinnen. Das eigentliche Thema des Comics ist allerdings die Geometrie – meint, das Spiel mit ihr, wozu sich die zweidimensional gezeichnete Comicseite wunderbar eignet. Vertikale – Fernsehturm mit Fahrstuhl und Treppenhaus – und Horizontale – U-Bahn und Straßen – bestimmen die Bewegungsrichtungen der Akteure wie in der Panelfolge die Lese- und Sehwege des Rezipienten, ein klares Ordnungsprinzip, ironisch gespiegelt im Modus von Kreuzworträtseln, der großen Leidenschaft von Franz. Der Konturstrich der Zeichnungen, der reduziert, ohne verschnörkeltes Dekor, ohne autonome Tendenzen klar und exakt Sachverhalte zeigt, überhaupt die lineare Dominanz der Bilder, die zur verdeutlichenden Differenzierung von Flächen und mithin von Zeichenelementen Grau- und (seltener) Schwarzflächen einbinden, entspricht genau dieser kühl-sachlichen Präzision. Die Architektin Greve zeigt sich hier – in perspektivisch-korrekter Raumkonstruktion und klaren Fassadengliederungen. Mag die Idee der zugestellten Wohnung – Inge, Antiquitätenhändlerin, die noch keinen Lagerraum gefunden hat, stapelt hier Kisten und Kasten – den Eindruck von durch die strenge Zeichnung signalisierter Ordnung ironisch irritieren, so ist es dann doch erst die eher zufällige Begegnung von Franz mit der speziellen eigenen "Welt" im Fernsehturm, bei der nun die fantasievolle Erzählerin Greve Regie führt. Gabi, hochbeglückt, dass Franz zu ihr gefunden hat, hat sich – dank eines Kurses des Professors Hagedorn – von der Gravitation "emanzipiert" – sie vermag an Wänden und Decken zu laufen, lebt in einem Bungalow im Fernsehturm, in dem das Mobiliar (als träge, den Naturgesetzen verpflichtete Materie) an der von ihr als "Standfläche" bevorzugten Seitenwand angeschraubt ist. Wunderbar, wie es Greve zeichnerisch gelingt, mittels Kleinigkeiten diese zwei widerstreitenden Systeme anschaulich zu machen: wenn Bilder an der Wand oder Kleidungsstücke auf der Stuhllehne der "natürlichen" Schwerkraft folgend "abstehen", wenn es eines Kunststückchens bedarf, um aus einem Glas zu trinken. Die Zeichnungen, die in gewohnter Weise die Buchseite (und damit die unteren Panelumrandungen) als "unten", als eigentliche Standfläche beibehalten und so Layout und auch die Schrift in den Sprechblasen ordnen, zwingen dann doch den Betrachter, beide "Systeme" differenziert zu erfassen. So wird man in Gabis Wohnung das Buch um 90° drehen, um nicht schwindlig zu werden, muss jetzt die gemäß der Konvention veränderte Reihenfolge der Panel beachten, um dann doch wieder – zum Lesen der Sprechblasen – zur gewohnten Buchposition zurückzufinden. So wird der Rezipient aktiv in das grafische Spiel eingebunden. Zunächst ungläubig und erstaunt wird Franz in diese Welt eingeführt, beginnt, ihre Freiheiten (kontrastierend zu seiner engen, zugestellten Wohnung) zu genießen und lernt schließlich selbst, der Schwerkraft zu trotzen. Wenn er – dank seiner Leidenschaft für Kreuzworträtsel – Gabi wieder verlässt und sich für seine Frau Inge entscheidet, so nimmt er aus der Wunderwelt im Fernsehturm etwas mit: die Fähigkeit, die es jetzt erlaubt, auf dem an der Decke angeschraubten Sofa zu sitzen und trotz zugestellter Wohnung eine neue Freiheit zu genießen.
Prof. Dietrich Grünewald
Aus "oleg" von Naomi Fearn

 
   PREISTRÄGER 2010
ICOM Independent Comic Preis
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